Antiaging ohne Skalpell:Frau im Spiegel

Schönheitskorrekturen ohne Skalpell - die sogenannten sanften Antiaging-Behandlungen mit Fillern wie Hyaluronsäure - erleben einen enormen Boom.

Susanne Hermanski

"Warum können manche Leute nicht in Würde alt werden!" Das ist ein beliebter Ausruf der Empörung, wenn es um Schönheitsoperationen geht. Doch wer hat eigentlich festgelegt, dass Würde nur im Gesamtpaket mit Falten, Hängebacken & Co zu haben ist? "Runzeln sollen nur den Platz markieren, wo einmal ein Lächeln gestanden hat." Das hat einmal der Dichter Mark Twain gesagt.

Antiaging ohne Skalpell: Um 17 Prozent ist die Zahl der Behandlungen mit Präparaten wie Hyaluronsäure und Botox im vergangenen Jahr gestiegen.

Um 17 Prozent ist die Zahl der Behandlungen mit Präparaten wie Hyaluronsäure und Botox im vergangenen Jahr gestiegen.

(Foto: Foto: i-stock)

Aber was, wenn sie frecherweise auch deutlich zeigen, wie sehr einen die Scheidung mitgenommen hat, wie verbissen konzentriert einer seine Arbeit macht, wie unendlich schmerzvoll das war, als ihm ein geliebter Mensch weggestorben ist? Was, wenn er kein offenes Buch sein will für jeden x-beliebigen Gegenüber? Oder profaner: Was, wenn er in dieser Welt, in der man immer auf Zack sein muss und Unverbrauchtheit verkörpern sollte, mit genetisch bedingten Augenringen gesegnet ist?

Viele Menschen haben sich diese Fragen offenbar längst beantwortet: Mehr als 100.000 Faltenbehandlungen mit sogenannten Fillern hat die Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland (GÄCD) in ihrer aktuellen Jahresstatistik verzeichnet. Das entspricht einem Zuwachs von mehr als 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die weltweiten Wachstumsraten von Präparaten mit Hyaluronsäure und Botox liegen jährlich bei rund 17 Prozent.

Mehr als 120 verschiedene Produkte zur Falten unterspritzung gibt es mittlerweile. "Jedes hat spezifische Vor- und Nachteile", sagt Marianne Wolters Mitglied des neuen Arbeitskreises "Filler" der GÄCD. In sehr seltenen Fällen kommt es zu allergischen Reaktionen. Vor allem aber kann unsachgemäße Handhabung dieser Substanzen gravierende Folgen für den Patienten haben: "Knötchenbildung, Schwellungen und Rötungen sind die harmlosesten Folgen einer nicht korrekten Unterspritzung oder eines falschen Produktes."

Richtig angewendet, eröffnen resorbierbare Materialien - also Filler, die vom Körper abbaubar sind - aber interessante Möglichkeiten: Die Falten werden flacher, fallen dadurch nicht mehr so stark auf und sie stören so wesentlich weniger. Insgesamt entsteht ein jugendlicherer Eindruck. Trotzdem ist der Effekt dezent, und selbst wenn der Patient sich doch zu stark verändert empfinden sollte, kann er sicher sein, nach einigen Monaten ist er wieder ganz der Alte - im wahrsten Sinne.

"Das Suchtpotenzial ist hoch"

Freilich ist das auch gleichzeitig der Nachteil des Systems, wenn man so will: Denn nach ein paar Monaten muss die Prozedur wiederholt - und erneut bezahlt werden. Die erste Hyaluronsäure mit einer von der amerikanischen Arzneimittelaufsichtsbehörde bestätigten Wirkungsdauer von bis zu 18 Monaten heißt "Restylane". Zu bedenken ist auch: Bei vielen dieser Filler kann es noch keine Langzeitstudien geben. Das wird von manchen Experten besonders skeptisch gesehen, wenn sie in größeren Mengen für Brustvergrößerungen ohne Skalpell eingesetzt werden.

"Tatsächlich sind Behandlungen mit Fillern und Botox oft der Einstieg zu anderen Schönheits-Ops", sagt der Münchner Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie Markus Klöppel. "Das Suchtpotenzial ist hoch angesichts der vielen Möglichkeiten", weiß er aus Erfahrung: "Da liegt es absolut in der Verantwortung eines Arztes, den Patienten richtig zu beraten. Auch eine psychologische Aus- oder Fortbildung ist da essenziell."

Gerade die sanften Schönheitskorrekturen mit Botox & Co werden oft auch von Zahnärzten, HalsNasen-Ohren-Ärzten und Allgemeinmedizinern angeboten. Der Patient sollte sich aber absolut bewusst sein: Auch bei solchen Behandlungen gilt: Übung macht den Meister. Wichtig zu wissen ist ebenso: Bezeichnungen wie "Schönheitschirurg" oder "Ästhetischer Chirurg" sind nicht geschützt. Sie sagen nur wenig über Aus- und Weiterbildung eines Arztes. Nur der Titel "Facharzt für Plastische Chirurgie" garantiert mehrjährige Erfahrung mit Schönheitsoperationen.

Zum Nachlesen: www.gacd.de - Die Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie Deutschland e.V. bietet umfassende Informationen zu allen Aspekten des Fachs www.acredis.com - Die Homepage des unabhängigen Beratungszentrums für Ästhetische Chirurgie

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: