Dass sie es auf die Titelseiten der Society-Blätter an der Weichsel schaffen würde, das hatte sich Anna Kalata wohl nie träumen lassen. Doch nun reißen sich alle um sie, feiern ihre Auftritte als Comeback des Jahres. Denn vor drei Jahren war Kalata noch eine dicke, graue, bebrillte Maus und trug schlechtsitzende Hosenanzüge und eine Turmfrisur.
Sie war Arbeitsministerin in der nationalpatriotischen Regierung Jaroslaw Kaczynskis, leierte auf Pressekonferenzen oft Statistiken herunter und musste das Gerede darüber ertragen, dass ihr Mann sie verlassen habe. Mit ihren muffigen Auftritten landete Kalata auf den Popularitätslisten für Politiker stets auf den hinteren Plätzen. Und als die Regierung Kaczynski vor drei Jahren abgewählt wurde, war das auch das Ende ihrer politischen Karriere.
Doch als die heute 46-Jährige unlängst nach drei Jahren erstmals wieder im Fernsehen auftrat, verschlug es ihren Landsleuten die Sprache: Eine schlanke, langbeinige Blondine mit schulterlangem Haar strahlte da in die Kameras. Eingeladen war sie als Indien-Expertin zu einer Runde von Sachverständigen aus der Wirtschaft, sie hatte Jahre für den polnisch-indischen Unternehmerverband gearbeitet. Die Macher der Sendung erkannten sie zuerst gar nicht.
Doch dann war sie das wichtigste Gesprächsthema der Fernsehleute, die Talkshows buhlten um sie. Nun trat Anna Kalata in gewagten Roben und sogar in einer Prominententanzshow auf, wo sie es bis Runde vier schaffte.
Immer wieder musste sie schildern, wie sie die Wandlung vom hässlichen Entlein zum schlanken Schwan geschafft hat. Schuld sei die Politik gewesen, erzählte sie. Kalata gehörte der Protestpartei Selbstverteidigung an, die der radikale Bauernführer Andrzej Lepper gegründet hatte. Als Lepper einen Koalitionsvertrag mit Jaroslaw Kaczynski schloss und dabei drei Ministerien für seine Partei herausschlug, berief er sie ins Kabinett.
Die "erotischste Großmutter des Landes"
Denn Kalata kannte sich mit Buchführung aus, hatte bis dahin eine kleine Firma geführt und in der Handelskammer gearbeitet. Nun aber war sie für einen Milliardenetat verantwortlich. In ihrem Stress begann sie, immer mehr Süßigkeiten zu essen. Es nützte nichts, bei ihren Auftritten vor den Fernsehkameras wirkte sie überfordert.
Polens frühere Arbeitsministerin Anna Kalata hat sich nach ihrem Politik-Rückzug in eine aufregende Blondine mit Schauspielambitionen verwandelt.
(Foto: AFP/Eastway)Das war nun die Stunde für die Imageberater. Erste Maßnahme: Den Teller mit den Schokobonbons ersetzte eine Schale mit frischem Obst. Die Berater suchten eine neue Garderobe aus, schlugen eine neue Frisur vor, Kosten des Imagewechsels: 11.000 Zloty, umgerechnet 2800 Euro.
Diese Zahl ging jedenfalls durch die Medien, und da der Steuerzahler für alles aufkommen sollte, galt sie plötzlich als Kalata die Gierige. Es war bereits ihre zweite kleine Affäre. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass sie nach einem jahrelangen Rechtsstreit mit der Post eine Vergleichszahlung von 1,3 Millionen Zloty (330.000 Euro) erhalten hatte. Peinlich daran: Diese Entscheidung traf der oberste Chef der Post, den sie als zuständige Ministerin gerade in sein Amt gehievt hatte. Die Quittung: weiteres dramatisches Absacken in der Popularitätsskala.
Das alles ist nun vergessen. Die bunten Blätter bejubeln die Ex-Politikerin, die nicht nur ihre Diät durchgehalten und fast 20 Kilo abgenommen hat, sondern auch viel Sport treibt, als "erotischste Großmutter des Landes".
Auch auf ihre Verhandlungspartner in der indischen Geschäftswelt hat Kalatas Wandlung starken Eindruck gemacht: Sie wurde eingeladen, in einer Bollywood-Produktion mitzuspielen. Der Film kommt demnächst in die indischen Kinos. Vielleicht wird er auch in Polen laufen.