Alte Frauen, junge Männer:Der Charme des Unverbrauchten

Warum lieben Frauen jüngere Männer? Die Buchautorin Dana Horáková weiß es aus Erfahrung.

Christian Mayer

Man kennt das Schema zur Genüge: Erfolgreicher Mann in der zweiten Lebenshälfte verliebt sich unsterblich - in die Jugend. Seine neue Freundin ist faltenfrei und mindestens zehn Jahre jünger. Aber was passiert, wenn es genau umgekehrt läuft, wenn die Frau sich die Jugend gönnt?

Ashton Kutcher und Demi Moore; Reuters

Ashton Kutcher und Demi Moore scheinen das Geheimnis gefunden zu haben, den Altersunterschied in ihrer Beziehung zu überwinden.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Autorin und frühere Hamburger Kultursenatorin Dana Horáková, 62, hat darüber ein Buch geschrieben: "Wenn Frauen jüngere Männer lieben - und warum diese Beziehungen so erfüllend sind" (Zabert Sandmann Verlag). Eine sehr persönliche Betrachtung mit vielen gelungenen und gescheiterten Beziehungsgeschichten.

SZ: Frau Horáková, in Ihrem Buch berichten Sie freimütig über Ihr Verhältnis zu einem jüngeren Mann. Was war der Grund für diese Offenbarung?

Dana Horáková: Der Grund war gar nicht der Mann, den ich im Buch Wolfgang nenne. Mich interessiert ein anderes Thema: das Altern. Wir haben eine richtige Panik vor dem Thema. In Zeiten des aggressiven Jugendwahns dürfen nur die Jungen Sex haben, das ist nichts für alte Leute - so lautet das Vorurteil. Die Leute geben alles Mögliche zu, sie sagen: Ich bin schwul, ich bin Alkoholiker, ich bin pleite. Kein Mensch sagt: Ich bin alt. Wer mit dem Älterwerden relativ unaufgeregt umgeht, das sind die Paare, die ich in meinem Buch beschreibe.

SZ: Was machen die anders?

Horáková: Sie reden darüber. Der Altersunterschied ist ihnen bewusster, da sie nicht der Norm entsprechen. Und indem sie sich gegenseitig die Panik nehmen, entdämonisieren sie das Alter.

SZ: So ungewöhnlich ist es gar nicht mehr, dass Frauen jüngere Männer haben: Das ist bei jeder fünften Ehe so.

Horáková: Es hat ja auch große Vorteile - man hat Freiheiten, die es sonst nicht gibt. Nehmen wir mal die 40-Jährige, die mit einem 30-Jährigen zusammen ist: Diese Frau befindet sich auf dem Höhepunkt ihrer sexuellen Fähigkeit; sie ist bereit, in dieser Blütezeit neu durchzustarten. Sie hat schon gelebt und Erfahrungen gesammelt, sie ist tolerant, und der Jüngere findet sogar ihre Lachfältchen attraktiv. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein.

SZ: Was ist denn so toll an jungen Männern, außer ihrer Frische?

Horáková: Die haben noch kein festgelegtes Lebensschema. Sie sind neugieriger, mitreißender und - im besten Fall - noch nicht ausgebrannt und reif fürs Sofa. Und noch eines: Der Durchschnittsmann schöpft seine sexuelle Fähigkeit mit Mitte 30 aus. Danach geht es leider abwärts, falls man nicht irgendwie nachhilft.

SZ: Oh je, so schnell geht es dahin?

Horáková: Es kommt ja noch dazu, dass die meisten Frauen schon Beziehungen zu älteren Männern hatten - und diese Erfahrung reicht ihnen. Viele Frauen ab einem gewissen Alter wollen mehr als Halt und Sicherheit, sie sehnen sich nach mehr Selbstbestimmung, mehr Lebensfreude, nach einer Partnerschaft auf Augenhöhe, und sie sind selbst souveräner, unabhängiger von Kopf bis Konto.

SZ: Neigen starke, auch beruflich erfolgreiche Frauen zu jüngeren Männern?

Horákavá: Das kann man so nicht sagen. Ich habe mich für die Recherche in den zahlreichen Internetforen umgesehen, die es zu dem Thema gibt. Die jungen Männer, die dort chatten, kommen aus allen sozialen Schichten - die Frauen auch. In meinem Umkreis hat jede zweite oder dritte Frau so eine Beziehung.

SZ: Sind das Beziehungen auf Zeit, weil der jüngere Mann irgendwann doch noch eine Familie gründen möchte?

Horáková: Da legen Sie den Finger in die Wunde. Der kritische Punkt dieser Beziehungen ist der Kinderwunsch - vor allem bei Frauen, die noch gerne ein Kind mit einem jüngeren Mann wollen.

SZ: Sie waren mit einem zwölf Jahre älteren Mann verheiratet und später mit einem neun Jahre jüngeren liiert. Was ist der Unterschied im Lebensgefühl?

Horáková: Ich kann das an einem praktischen Alltagsbeispiel festmachen. Mein Mann, ein Filmregisseur, hielt es für absolut selbstverständlich, dass ich seine Hemden bügelte. Obwohl ich kein Mauerblümchen war, fühlte ich mich bei ihm immer wie ein Schulmädchen; ich war diejenige, die dazulernen musste, in jeder Hinsicht. Man macht so etwas, wenn man verliebt ist (lacht). Mein jüngerer Freund hat sogar meine Bluse gebügelt, wenn er gute Laune hatte.

Kombination: guter Sex und Kommunikation

SZ: Ein junger Hausmann, der auch mal die Wohnung aufräumt, ist ja ganz okay, aber das kann doch unmöglich alles sein.

Dana Horáková; oh

Die Autorin Dana Horáková hat eigene Erfahrungen mit einem jüngeren Mann gemacht.

(Foto: Foto: oh)

Horáková: Ach, der Jüngere kann weit mehr, zum Beispiel zuhören. Die Kombination aus gutem Sex und intensiver Kommunikation, tollen Gesprächen tut den Frauen einfach gut, das hält jung.

SZ: Können Sie es nachvollziehen, was junge Frauen an älteren Männern attraktiv finden? Irgendwas muss da ja sein, sonst würden die Münteferings, die Wickerts, Beckenbauers und Burdas nicht ganze Generationen überspringen, um die passende Partnerin zu finden.

Horáková: Erfolgreiche Männer neigen dazu, eine Frau mit ihrer Persönlichkeit auch zu blenden. Und oft sind das ja auch faszinierende, medial höchst wirksame Figuren, die etwas im Leben erreicht haben. Das finde ich nicht unattraktiv. Andererseits begreife ich nicht, warum dieser Altersunterschied bei Männern als normal akzeptiert wird und bei Frauen nicht. Stellen Sie sich mal vor, Angela Merkel hätte eine Beziehung mit einem 20-jährigen Abiturienten. . .

SZ: Mamma mia!

Horáková: Sehen Sie. Frau Merkel müsste sofort auswandern. Möglichst auf den Mond.

SZ: Seit einigen Jahren hat die Unterhaltungsindustrie das Thema entdeckt. In Serien wie "Sex and the City" gibt es die starke ältere Frau mit dem attraktiven jüngeren Lover, der ihr aber immer ein wenig peinlich ist - außer im Bett.

Horáková: "Sex and the City" ist ein gutes Beispiel! Die Autorin Candace Bushnell, die ich im Buch porträtiere, hat ja auch einen Jüngeren. Und es stimmt ja: Ein gewisses Unbehagen bei gesellschaftlichen Auftritten bleibt. Wenn die ältere Partnerin um einiges jünger aussieht, lässt sich der Unterschied gut kaschieren. Sobald sie aber ihre Falten, ihr biologisches Alter nicht mehr verbergen kann, reagiert die Gesellschaft mit hämischen Blicken. Mir hat mal ein Freund ins Gesicht gesagt: Du hast es wohl dringend nötig. Er meinte den Sex. Umgekehrt werden ältere Männer bewundert, wenn sie sich als Zeichen ihres Erfolges mit einer Jüngeren belohnen - quasi mit einer blühenden Dividende.

SZ: In Ihrem Buch erzählen Sie von bekannten Frauen aus der Vergangenheit, die es mit jüngeren Männern probiert haben. Welches ist denn Ihr Lieblingspaar?

Horáková: Wunderbar war die Beziehung von Diana von Poitiers, die im 16.Jahrhundert lange die Geliebte des französischen Königs Heinrich II. war. Der König war 20 Jahre jünger und liebte sie abgöttisch bis zu seinem Tod, obwohl diese Beziehung aus gesellschaftlicher Sicht absolut unmöglich war.

SZ: Wie lange wird es noch dauern, bis die von Ihnen beschriebenen Beziehungen völlig akzeptiert sind?

Horáková: Ich glaube, das wird bald der Fall sein, weil die demographische Entwicklung dafür spricht. Frauen werden im Schnitt sieben Jahre älter als die Männer, sie bleiben vitaler und wünschen sich auch im Alter einen Partner - warum nicht einen jüngeren? Und eines kann ich Ihnen versichern: Eine Frau, die einmal mit einem jüngeren lebte, ist für immer "verdorben" - ich jedenfalls fand es unmöglich, danach wieder die kleine Maus zu sein, während der Ältere den Herrn im Haus gab.

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