Streicheleinheiten gegen Bezahlung:Die will doch nur kuscheln

Jackie Samuel

Komm und kuschel mit mir! So zeigt sich Jacqueline Samuel auf der Homepage von "The Snuggery".

(Foto: thesnuggery.org)

Jacqueline Samuel war wohl mit mehr als 100 Männern im Bett, so genau weiß sie das selbst nicht mehr. Die 29-jährige kuschelt gegen Bezahlung mit Fremden. Im Interview spricht sie über Langeweile bei der Arbeit und den Unterschied zwischen Kuscheln und Sex.

Von Matthias Kohlmaier

"Meistens fangen wir in der Löffelchenposition an. Ich bin der kleine Löffel", erklärt Jacqueline Samuel im Gespräch mit dem Online-Portal The Inquisitr ihren Beruf. Das mit dem kleinen Löffel glaubt man der 29-Jährigen sofort: Sie ist klein und wirkt zerbrechlich. Aber vielleicht ist es gerade ihre Erscheinung, die ihre ungewöhnliche Geschäftsidee so erfolgreich macht. Samuel kuschelt gegen Bezahlung mit Fremden - 60 Dollar kostet eine Stunde.

Seit bald einem Jahr betreibt die Amerikanerin in Penfield, im Westen des US-Bundesstaates New York, das Unternehmen "The Snuggery". Was ihren Kunden dabei erlaubt ist und was nicht, ist in einem FAQ auf ihrer Internetseite genau geregelt. Beispiel: Schlafanzug ist ok, Nacktsein geht gar nicht. Wenn sie nicht gerade im heimischen Bett einen Kunden empfängt, macht sie an der Universität von Rochester ihren Master im Studienfach Soziale Arbeit.

SZ.de: Frau Samuel, Sie legen sich gegen Geld mit Fremden ins Bett, haben aber keinen Sex mit ihnen. Wo hört Kuscheln auf und fängt Sex an?

Jacqueline Samuel: Wenn ich mit jemandem kuschle, werde ich niemals sexuell erregt. Die Klamotten bleiben - wenigstens teilweise - an, es gibt keinen Kontakt von Körperregionen, die durch Unterwäsche bedeckt sind. Diese Grenzen trennen für mich Kuscheln von Sex. Bestimmt ist das für jeden Menschen unterschiedlich, aber für mich klappt diese Unterscheidung sehr gut.

Wie kamen Sie überhaupt auf die Idee, sich für das Kuscheln mit Fremden bezahlen zu lassen?

Die Idee war nie, mit "Fremden" gegen Bezahlung zu kuscheln - auch wenn sie das beim ersten Mal natürlich sind. Die meisten meiner Kunden kommen schon seit langer Zeit zu mir und sind deshalb längst nicht mehr fremd. Mir ist es lieber, Kunden, die ich schon lange kenne, zu behalten, als mich neuen Kunden zuzuwenden. Grundsätzlich glaube ich einfach, dass Körperkontakt einen positiven Effekt auf Psyche und Wohlbefinden des Menschen hat. Das war und ist der Hauptgrund, weshalb ich die Idee hatte und diesen Job mache.

Wie haben Sie sich bei ihrem "ersten Mal" gefühlt?

Natürlich war ich am Anfang aufgeregt. Als wir dann aber angefangen haben zu kuscheln, habe ich mich sehr schnell entspannt.

Was denken Familie und Freunde über Ihren ungewöhnlichen Job?

Alle unterstützen mich sehr. Meine Arbeit ist ein Teil von mir und die meisten Leute akzeptieren das.

Und wie reagieren die Männer in Ihrem Leben?

Einige Männer, mit denen ich mich getroffen habe, fanden meine Arbeit seltsam. Die Person, die mir am nächsten steht, und für die ich am ehesten die Bezeichnung "Lebensgefährte" verwenden würde, unterstützt mich aber und stellt das, was ich tue, nicht infrage.

Was sind das für Menschen, die Ihre Dienste in Anspruch nehmen?

Ich frage nicht immer danach, aber die meisten meiner Kunden sind alleinstehend. Manche machen gerade eine schwere Trennung oder gar Scheidung durch. Was das Geschlecht angeht: Grundsätzlich können mich auch Frauen buchen, in einer durchschnittlichen Woche sind aber zumeist alle Kunden männlich.

"Sexuelle Erregung stört mich nicht"

Wenn man so engen Körperkontakt mit einem anderen Menschen hat, entstehen da nicht zwangsläufig erotische Gefühle? Oder ist der Job für sie mittlerweile reine Routine?

Das klingt, als wäre Routine etwas Schlechtes. Berührungen sollten sogar regelmäßig stattfinden. Wenn sie bei einem Menschen direkt zu sexueller Erregung führen, dann wird der- oder diejenige wahrscheinlich zu selten gestreichelt. Ich denke, jeder sollte gelegentlich die Erfahrung machen: Kuscheln ist toll - auch ohne sexuellen Hintergrund.

Auf ihrer Homepage heißt es dementsprechend in den FAQs: "Sexuelle Handlungen sind nicht erlaubt." Aber wie reagieren Sie, wenn doch jemand erregt wird?

Das stört mich überhaupt nicht. Wenn jemand versucht, eine Grenze zu übertreten, die ich im Vorfeld gezogen habe, dann mache ich ihm oder ihr das nochmals unmissverständlich klar. Es hat aber in der Hinsicht noch nie ein Problem gegeben.

Dürfen ihre Kunden auch mal die Initiative übernehmen?

Warum nicht? Ich berühre meine Kunden und meine Kunden berühren mich. Solange sie meine Grenzen achten, finde ich das sehr schön.

Kuscheln ist für die meisten Menschen etwas sehr Intimes. Können Sie sich vorstellen, sich in einen Kunden zu verlieben?

Auf keinen Fall. Ich habe eine professionelle Beziehung zu meinen Klienten. Bei meiner Arbeit ergibt sich für mich auch ganz grundsätzlich nicht die richtige Situation für tiefere Gefühle.

Thema Smalltalk: Worüber spricht man mit jemandem, mit dem man gerade zum ersten Mal Körperkontakt hat?

Ganz einfach: Man spricht über dieselben Dinge, über die sich Menschen auch unterhalten, wenn sie einander auf der Straße treffen.

Was war Ihre unangenehmste Kuschelerfahrungen?

So richtig unangenehm hat sich das eigentlich noch nie angefühlt. Manchmal ist mir dabei etwas langweilig. Aber man langweilt sich ja auch im Alltag immer mal wieder - das geht vorbei.

Haben sie vor, Ihre Geschäftsidee auszubauen?

Langfristig möchte ich gerne eine große Organisation aufbauen und viele weitere Leute einstellen. Im Moment habe ich eine Kollegin, aber künftig wäre es toll, wenn sich die Kunden aus vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihren perfekten "Kuschler" aussuchen können.

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