Scheinväter:Das Kuckuckskind-Gesetz ist ein Schritt in die Vergangenheit

´Düsseldorfer Tabelle" - mehr Geld für Trennungskinder

Scheinväter können seit 2007 den gezahlten Unterhalt vom biologischen Vater zurückfordern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Statt die Rechte von "Scheinvätern" zu stärken, stellt der Entwurf die betroffenen Frauen vor unwürdige Fragen - und übersieht: Gelebtes Familienleben lässt sich nicht finanziell rückerstatten.

Kommentar von Heribert Prantl

Mutterschaft, Vaterschaft, Unterhalt: Das Gesetz muss hier, so gut es geht, für Rechtsfrieden und für Rechtsklarheit sorgen. Es soll nicht noch mehr Bitterkeit stiften, als eh schon da ist. Es soll nicht noch Vorlagen liefern für Aggressionen. Genau das aber tut das Gesetz, das der Bundesjustizminister ausgearbeitet hat und das nun im Bundeskabinett verabschiedet wurde. Das neue Recht zur "Reform des Scheinvater-Regresses" ist schlechtes Recht: Es ist ein Werkzeugkasten mit Folterinstrumenten, um die Mutter zu Auskünften über einen früheren Sexualpartner zu zwingen.

Die Rechtsreform ist nicht praktikabel - zu viele Fragen bleiben offen

Der Scheinvater eines Kindes soll auf diese Weise erfahren, an wen er sich wenden kann, um den Unterhalt, den er für das Kind geleistet hat, wieder einzuklagen. Das ist unwürdig. Das ist Rechtsdurchsetzung ohne Rücksicht auf Verluste und ohne Rücksicht auf Praktikabilität. Warum?

Was ist, wenn die Mutter sich weigert, Auskunft zu erteilen? Was ist, wenn sie sich nicht erinnert? Nicht erinnern kann? Was ist, wenn sie sagt, es sei auf einem Fest gewesen, der Mann habe "Jürgen" geheißen, den Nachnamen kenne sie nicht und habe ihn auch nie gekannt? Wer soll beurteilen, ob es so war? Soll die Frau mit Zwangsgeld und Zwangshaft zur Recherche angehalten werden? Was ist, wenn sie mehrere Sexualpartner gehabt hat? Soll sie das sagen müssen? Darf der Auskunftsanspruch so massiv ins Persönlichkeitsrecht eingreifen?

Vor genau vierzig Jahren wurde das Scheidungsrecht reformiert, wurde das Schuld- vom Zerrüttungsprinzip abgelöst, auf dass vor Gericht nicht mehr dreckige Wäsche gewaschen werden muss. Soll das alles nun via Auskunfts- und Unterhaltsrecht wieder praktiziert werden? Ein solches Recht ist peinliches Recht. Es ist ein Schritt in die Vergangenheit.

Gelebtes Familienleben kann man nicht rückabwickeln

Die Gesetzesmacher selbst haben Zweifel an den Paragrafen, die sie schaffen. Diese Zweifel zeigen sich darin, dass der Unterhaltsanspruch gegen den biologischen Vater, dessen Name aus der Mutter herausgeklagt wurde, auf zwei zurückliegende Jahre beschränkt wird. Das ist inkonsequent und erklärt sich nur daraus, dass dem Gesetzgeber der ganze Regress nicht geheuer ist.

Genau so ist es. Gelebtes Familienleben kann man nicht pekuniär rückabwickeln. Wenn der Scheinvater mit dem Kind zusammenlebt oder zusammengelebt hat oder über eine Umgangsregelung eine sozialfamiliäre Beziehung zu ihm aufgebaut hat, ist es doch selbstverständlich, dass er mit zum Unterhalt des Kindes beiträgt oder beigetragen hat.

Sobald feststeht, dass er nicht der leibliche Vater ist, hat er eh keine Unterhaltsverpflichtung mehr; das reicht als rechtliche Konsequenz. Aus welchem Schaden soll sich ein finanzieller Rückgriff rechtfertigen: Aus verletzter Ehre? Aus Revanche gegenüber dem Rivalen? Soll der geleistete Unterhalt für das Kind als unnütze Investition gelten, als Schaden, der von einem anderen zu ersetzen ist? Das ist makaber. Der Gesetzgeber sollte, statt einen Auskunftsanspruch zu schaffen, den gesamten Regressanspruch überdenken und ihn abschaffen.

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