Partnerschaft:Warum sich Menschen ihren Beziehungsstatus schönreden

Pärchen im Wasser

Traute Zweisamkeit am Berliner Schlachtensee

(Foto: dpa)

Was sich nicht mehr ändern lässt, daran sollte man sich gewöhnen. Besser noch: Man redet sich ein, dass es perfekt ist. Diese Begabung sorgt dafür, dass Menschen in Partnerschaften ihren Beziehungsstatus für ideal halten. Und Singles auf keinen Fall mit ihnen tauschen möchten.

Von Sebastian Herrmann

Der Mensch verfügt über zahlreiche Talente. Eines davon ist die sagenhafte Fähigkeit, sich die Dinge schönzureden und sie zum Leitbild zu erheben, an dem sich alle anderen orientieren sollten. Die Schönredner handeln aus nachvollziehbaren Motiven, denn Menschen stehen ständig vor einer unangenehmen Wahl. Entweder müssen sie einsehen, dass sie Idioten waren, weil sie den falschen Beruf gewählt, das falsche Haus gekauft oder an den falschen Propheten geglaubt haben; oder sie tauchen ihre Handlungen im Geist in ein gnädiges Licht und finden einen Weg, Verfehlungen in Tugenden umzuwidmen.

Genauso verhält sich das - natürlich - auch bei Beziehungen: Es gibt viele eingefleischte Singles und überzeugte Paare, die ihre Situation jeweils für den Idealzustand halten. Wann Menschen besonders dazu neigen, ihren Beziehungsstatus zu überrationalisieren, erklärt Kristin Laurin von der Universität Stanford (Psychological Science, online): Je stärker Menschen das Gefühl haben, an ihrem Leben als Single oder Ehepartner werde sich so bald nichts ändern, desto emsiger finden sie Gründe dafür, ihre Art zu leben zu verklären.

In zwei Versuchen fanden die Psychologen Belege dafür, dass die Stabilität des gegenwärtigen Beziehungsstatus der entscheidende Faktor für dessen Rationalisierung ist. Stabilität bedeute in diesem Kontext jedoch nicht, dass die befragten Singles oder Paare glücklich waren, schreibt Laurin. Stabilität ließe sich in diesem Zusammenhang auch durch den Begriff Ausweglosigkeit ersetzen. Was sich nicht mehr ändert, wird für gut befunden, für diesen Zusammenhang haben Psychologen in der Vergangenheit viele Indizien entdeckt. So berichtete der Harvard-Psychologe Daniel Gilbert, dass Menschen mit Entscheidungen glücklicher sind, die sie nicht mehr ändern können. Oder es werden etwa rigide politische Systeme verteidigt, die unumstößlich erscheinen.

Laurin fügt diesen Befunden eine Girlande hinzu. Sie bietet nämlich eine Erklärung dafür an, warum sich Singles und Paare von einem gewissen Lebensalter an aus dem Weg gehen. Der jeweils andere Lebensentwurf fordert heraus und kratzt das makellose Selbstbild an, wie sie mit zwei weiteren Versuchen untermauert. Wer findet, dass Menschen nur in der Ehe oder wenigstens in einer festen Partnerschaft glücklich werden können, der vermeidet also Treffen mit zufriedenen Singles (oder umgekehrt).

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