Panini-Sammelheft zur Frauenfußball-WM:Kleb dir eine

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In einem Schulhof-Test fielen die Panini-Bilder der Fußballerinnen glatt durch. Kleine Jungs, die nicht mit Mädchen spielen, werden sie kaum sammeln. Doch die Klebebildchen-Firma bleibt sich mit dem Experiment zur Frauen-WM treu: Menschen sind alle gleich - und Fußballer sowieso.

Holger Gertz

Die Klebebildchenfirma Panini hat schon immer daran geglaubt, dass alle Menschen gleich sind, und alle Fußballer sowieso. Im Sammelalbum der WM 2010 nimmt Lionel Messi exakt so viel Raum ein wie - nur ein Beispiel - Ri Kwang-Chon aus Nordkorea. Natürlich hat der grandiose Messi für mehr Anfälle von Schnappatmung gesorgt als jeder andere Profi, aber das veranlasst Panini nicht, sein Porträt hervorzuheben oder den Namen des Zauberfußes in Goldbuchstaben zu prägen.

Im Umgang mit der Frauen-Kollektion von Panini ist besondere Vorsicht angebracht - nicht dass die Frisuren der Nationalspielerinnen beim Aufreißen der Tütchen Schaden nehmen. (Foto: dpa)

Ein Mann ist wie der andere, das ist das romantisierend-kommunistische Prinzip von Panini, und dieser Tradition folgt das neueste Produkt: das Sammelalbum zur Frauenfußball-WM in Deutschland.

"Frauen? Könn'se wiederhaben"

Wenn man die Tüten aufreißt, steigt einem das typische Klebstoffaroma in die Nase, ein Geruch wie Pausenhof, Bolzplatz, Kindheit. Das neue Album verbindet Tradition und Moderne: Es gab noch nie Sammelbilder mit Fußballerinnen. Panini vertraut darauf, dass der deutsche Mensch sich treu bleibt, zu dessen Eigenschaften ja Fleiß, Pünktlichkeit und Fußballbildersammelwut gehören.

Die Frauen-Kollektion ist trotzdem mit Skepsis aufgenommen worden. Für einen TV-Bericht wurden ein paar Bilder an Berliner Schüler verteilt. Die Kinder wollten Messi und Özil, bekamen aber Kelis Peduzine aus Kolumbien oder Kim Chung Sim aus Nordkorea. Die wollten sie nicht. Ein Junge gab dem Fernsehteam die Sticker zurück mit den Worten: "Frauen? Könn'se wiederhaben."

Kleine Jungs, die noch in einem Alter sind, wo sie mit Mädchen nicht spielen, werden Mädchen kaum sammeln. Und Ältere, die schon ein bisschen schreiben könnten, twittern: "Das erste Mal ist ein Album voll weniger wert als leer."

Es ist ein Experiment, dieses Album. 336 Bilder insgesamt, fünf Frauen pro Tüte.

Wie immer bei Panini muss man die Tüte vorsichtig aufmachen, um nicht den Frisuren der Spielerinnen einen sogenannten Haarriss zu verpassen. Besonders gefährdet: Jessica Clarke, England, deren Afroturm dem frühen Breitner nachempfunden ist. Die Nordkoreanerinnen heißen praktisch alle Kim. Aus Neuseeland kommt der Hockey-Mum-Typ.

Keine Models

Während Männerbilder nebeneinandergelegt oft aussehen wie Terroristen-Fahndungsplakate, wird im Frauenalbum - alle Kims ausgenommen - viel gelächelt. Sehr groß sind die Ohrringe von Corine Franco aus Frankreich, aber grundsätzlich hat Panini nicht viel Wert darauf gelegt, die Frauen gestylt und aufgemotzt vorzustellen.

Wenn im Männeralbum Frank Ribéry sein interessantes Gesicht ausstellen darf, warum müssen dann im Frauenalbum alle aussehen wie Models?

Die Fußballerinnen jedenfalls sind begeistert, ins Panini-Album schafft es nur ein Bruchteil aller Menschen. Nicht auszuschließen, dass sie sich selber sammeln. Bei der Männer-WM 2006 waren die Fußballer aus Angola die größten Paninifans. Als deutsche Autogrammsammler ihnen nach dem Training die Bildchen vor die Nase hielten, um sie signieren zu lassen, verstanden die Angolaner das als Geste der Gastfreundschaft und nahmen die Porträts gerührt mit nach Hause.

© SZ vom 03.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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