Zum Tod von Patrick Swayze:Frauenversteher mit Gummihüften

Er tanzte als Johnny in "Dirty Dancing" die Frauen um den Verstand. Am Montag ist Patrick Swayze in Los Angeles an Krebs gestorben.

Astrid Bischof

Seine stechenden blauen Augen und sein weißes Hollywoodlächeln zählten nicht. Auch sein muskelbepacktes, breites Kreuz war nicht von Bedeutung. Das, was Millionen Frauen weltweit an Patrick Swayze begeistert hat, das waren seine Beine, vielleicht auch sein Hüftschwung.

Viele Frauen wären gerne sein Baby geworden (so hieß seine Partnerin im Film)und hätten sich von ihm ein paar Tanzschritte beibringen lassen. Viele Jahre nach "Dirty Dancing" gab es dann plötzlich auch Männer, die Swayze schätzen lernten, weil der Mann mit der geschmeidigen Hüfte mit den Jahren als Schauspieler viel Selbstironie zeigte.

Dennoch: Der Anfang und das, wofür ihn die Massen liebten, das war die Rolle des schmalzlockigen, durchtrainierten Tanzlehrers Johnny Castle, der der unbeholfenen Jennifer Grey mit der Knubbelnase, also dem "Baby", die ersten Schritte beibrachte.

Die Rolle war ihm auf den Leib geschnitten, Swayze war der Sohn eines Choreographen und einer Ballettlehrerin. 1987 war das Johnny-Castle-Jahr - eine Zeit, in der die Schultern der Jackets mit viel Watte noch breiter gemacht wurden. Doch Tanzlehrer Johnny tanzte im Muscle-Shirt, so dass die breiten Schultern, die das Babe in die Luft hoben, noch mehr zur Geltung kamen. Wenn er schwitzte, glänzte er nur; wenn er nachdachte und zuhörte, dann kräuselte sich seine Stirn ganz sanft.

Der Mythos vom All-American-Boy

Patrick Swayze war der All-American-Boy: cool, glatt, männliche Ausstrahlung, immer lächelnd. Und er war beständig und treu: In der Ballettschule seiner Mutter hatte er 1971 im Alter von 19 Jahren die Liebe seines Lebens gefunden: Seine Frau Lisa Niemi, die ebenfalls Schauspielerin wurde.

Frauen jeden Alters mochten an Patrick Swayze, dass er nicht nur der starke Beschützer und verdammt gut anzusehen war, sondern zugleich sensibel - und dass er auch noch singen konnte. Für den Soundtrack der Liebesromanze sang er die Ballade "She's Like the Wind", inspiriert von seiner Frau Lisa Niemi.

Zwei Jahre nach "Dirty Dancing" festigte Swayze seinen Ruf als maskuliner Sunnyboy in dem Action-Film "Road House". 1990 folgte "Ghost - Nachricht von Sam", in dem er an der Seite von Demi Moore wieder seine sensible Seite zeigen durfte. Drei Mal wurde Swayze für den Golden Globe nominiert. 1991 wurde er vom Magazin People zum "Sexiest Man Alive" erkoren.

Tanzender Cowboy

In Deutschland hatte der US-Schauspieler bereits wenige Monate vor "Dirty Dancing" mit der Fernsehserie "Fackeln im Sturm" seinen großen Durchbruch. Das Publikum wollte den "tanzenden Cowboy" in romantischen Rollen sehen. Sein Charisma in der Rolle des Südstaatenoffiziers Orry Main erinnerte an Clark Gable in "Vom Winde verweht", und schon nannte man ihn den "Rhett Butler der achtziger Jahre". Swayze hatte mit seiner Frau jahrelang auf einer Ranch gelebt - das Publikum glaubte ihm seine Rolle.

"Deine Pferde lügen dich nicht an", sagte er damals. Er habe befürchtet, dass ihm - wie er bei befreundeten Stars erlebt habe - der Erfolg zu Kopf steigen würde. Er wollte am Boden bleiben: Abseits der Leinwand engagierte sich Swayze als Umweltschützer. In einem Interview kritisierte er im Jahr 2004 "die Gier des Menschen und seinen völligen Unwillen, im Einklang mit den Gesetzen von Mutter Natur zu handeln".

Eigentlich hatte Patrick Swayze ursprünglich gar nicht unbedingt Filmschauspieler, sondern Sportler werden wollen. Sein Vater hatte ihm Rodeoreiten beigebracht. Als Schüler gelangen Patrick texanische Rekorde im Weitsprung, Tauchen und in Laufdisziplinen. Er begann ein Sportstudium, brach es aber ab, um mit der Eistanz-Show "Disney on Parade" auf Tournee zu gehen. Mit einem Ballett-Stipendium zog er 1972 nach New York City. Seine Karriere als Ballett-Tänzer musste er jedoch bald wegen einer Knieoperation an den Nagel hängen und tanzte dann am Broadway in den Musicals "Grease" und "West Side Story".

Schließlich begann die Leinwandkarriere als maskuliner Frauenversteher mit den Gummihüften.

Verpatzter Imagewandel

Irgendwann hatte Swayze sein Image vom ewig jungen Tanzlehrer Johnny satt, wohl auch weil er ahnte, dass er nicht bis zum Ende seiner Tage schön und stark sein würde und dass sein Ruhm als Schauspieler sonst vergehen könnte: An der Seite von Keanu Reeves mimte er in "Gefährliche Brandung" den Anführer einer Surfer-Gang, die mit Masken mit Porträts ehemaliger US-Präsidenten Banken überfallen.

1995 überraschte Swayze als Transvestit in der Komödie "To Wong Foo, Thanks For Everything! Julie Newmar". Mehr als 35 Filme umfasst seine Filmographie: Der US-Schauspieler nahm auch Angebote im Ausland an - wie in der britischen Komödie "Mord im Pfarrhaus" mit Rowan Atkinson im Jahr 2005, ein Film, in dem er zeigte, dass er auch über sich selbst lachen kann.

Im August 1997 erhielt Patrick Swayze einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame. Ein Kino-Hit gelang ihm allerdings nicht mehr; Swayze blieb aber mit Nebenrollen und Fernsehproduktionen im Geschäft. Der Ruhm des einstigen Frauenschwarms verblasste zusehends, der Wechsel in ein anderes Genre glückte ihm nicht - zumindest nicht im großen Kino.

Mit seiner Ehefrau Lisa Niemi als Drehbuchautorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin spielte er 2003 noch einmal einen Tänzer in "One Last Dance". Seine letzte Rolle als FBI-Beamter spielte er in der amerikanischen TV-Serie "The Beast". Während der Dreharbeiten erfuhr er die Krebsdiagnose und unterzog sich an drehfreien Wochenenden einer ersten Chemotherapie.

Anfang dieses Jahres kündigte er an, gemeinsam mit seiner Frau seine Memoiren zu schreiben. Patrick Swayze zeigte sich entschlossen, gegen den Bauchspeicheldrüsenkrebs zu kämpfen, und widersprach Medienberichten, wonach es ihm immer schlechter ging. Nach fast zweijährigem Kampf gegen die Krankheit ist der amerikanische Schauspieler in Los Angeles am Montag gestorben. Er wurde 57 Jahre alt.

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