Zum Tod von B.B. King:Verblüffend uneitel

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"The Thrill Is Gone": B.B. King bei einem Auftritt im amerikanischen Salisbury (Foto: Matthew S. Gunby/AP)

Er war der letzte der großen alten Bluesmen. Und was für ein aktiver. Noch im März gab er ein großes Konzert, das zeigte: Niemand konnte so samtig süß und doch ökonomisch Blues-Gitarre spielen wie B.B. King.

Von Jens-Christian Rabe

B.B. King ist tot, der letzte der großen alten Bluesmen der Sechziger. 89 Jahre alt ist er geworden und fast bis zuletzt ist er auch aufgetreten. Und zwar nicht als tragisches Denkmal seiner selbst, wie so manche alte Helden der Popmusik in ihren späten Jahren, sondern wirklich wie ein König. Ein sitzender weiser alter König freilich, aber ein aufgeweckter, immer noch richtig kraftvoll singender, ganze Konzerte durchstehender König. Man sehe sich nur den Auftritt aus der Londoner Royal Albert Hall aus dem Jahr 2011 an, der bei Youtube dokumentiert ist.

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Wirklich verblüffend ist daran, wie unvergleichlich der Mann noch in höchstem Alter Gitarre spielte. Aber Vorsicht! Es steht nun überall - wie üblich bei Todesfällen dieser Größenordnung -, wie einflussreich B.B. King gewesen sei, das ist allerdings Unfug. Einflussreich sind Musiker vor allem dann, wenn sie neue Genres oder Musikstile erfinden. Wenn man es jedoch nicht schon als einflussreich gelten lassen will, dass er womöglich Millionen Gitarristen zu überflüssigen Blues-Soli inspiriert hat, dann führt das bei B.B. King in die völlig falsche Richtung. Und es besteht die Gefahr, dass er gleichzeitig über- und unterschätzt wird.

"Er ist ein Spezialist"

Überschätzt wird er dann als musikalischer Innovator, der er nicht war. Und unterschätzt als unvergleichlicher Spezialist. Niemand, wirklich niemand konnte so samt-süß und doch verblüffend ökonomisch und uneitel Blues-Gitarre spielen wie B.B. King. Man höre nur eine Aufnahme seines größten Hits "The Thrill Is Gone" (den er übrigens nicht selbst, sondern schon 1951 die beiden Songwriter Roy Hawkins und Rick Darnell geschrieben hatten), den er erstmals für sein 1969 erschienenes siebtes Studio-Album "Completely Well" aufnahm. Und dann vergleiche man sie mit zwei oder drei Versuchen anderer Musiker. Man wird die Epigonen selten lange aushalten. Und warum sollte man das auch?

Im Dokumentarfilm "B.B. King - The Life of Riley", der vor zwei Jahren im Kino lief, erzählt Bono von U2 davon, wie sie 1988 zusammen "When Love Comes To Town" einspielten. "I don't do chords", habe der Meister vor der Session nur gesagt - ich spiele keine Akkorde. Und Bono sagt dann amüsiert, aber denkbar ehrfürchtig nur noch, was ihm einst Keith Richards zu B.B. King gesagt habe: "He's a specialist."

Das war er, denn er spielte im Grunde tatsächlich nur einzelne Noten auf seiner Gitarre, bevorzugt in den höheren Lagen zwischen dem sechsten und vierzehnten Bund, weil man dort die Seiten des Instruments leichter hin- und herziehen kann, um den Vibrato-Effekt zu erzielen, also Töne leicht flatternd in die Länge zu ziehen. Der Grad ist allerdings verteufelt schmal. Wenn das Vibrato zu schwach ist, ist es nicht zu hören, wenn es zu stark ist, geht es einem als Gefühlsverstärker irre auf die Nerven. Auf diesem schmalen Grad dazwischen aber bewegte sich niemand so sicher und elegant wie B.B. King.

Bilder aus dem Leben von B.B. King
:König der Blues Boys

Vom Traktorfahrer in Mississippi zum größten Bluesmusiker seiner Zeit: B.B. King ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Ein Rückblick auf sein Bühnenleben.

In einem ganz famosen kleinen Fernsehbericht hat er 1972 seinen Stil einmal - natürlich mit selbst improvisierten Beispiel-Licks - als Mischung erklärt aus den Stilen der zwei Jazzgitarren-Virtuosen Charlie Christian und Django Reinhardt und dem eher robusten Slide-Stil des Blues-Gitarristen Bukka White. Das kommt ohne Zweifel hin. Und der Zauber, der von den Tönen B.B. Kings ausging, ist damit trotzdem höchstens zur Hälfte erklärt. Man nehme nun also bitte ein Album des Königs aus dem Regal oder gebe seinen Namen in eine Suchmaschine ein - und höre die andere Hälfte.

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