Zum Tod des Popmusikers Kurt Hauenstein:Pomp und Pimp

Es war die erotische Lässigkeit in Kurt Hauensteins Stimme, die den Song "Lovemachine" der Gruppe "Supermax" zum Disco-Hit machte. Nun starb der backenbärtige Popmusiker in Wien.

Andrian Kreye

Pop ist eine nostalgische Angelegenheit, die ab einem gewissen Alter ein bisschen so funktioniert wie der Geruchssinn. Es reicht schon ein Hauch eines Aromas, um die Erinnerungen an Stimmungen und Situationen ins Gedächtnis zu rufen. Weswegen Nachrufe auf Popstars oft auch so emotional geraten, weil sie eben nicht nur die Erinnerung an die Werke des Verblichenen, sondern auch an die Momente der eigenen Biografie erinnern, die sich beim Pop meist in der Jugend finden.

Kurt Hauenstein

Dunkle Pilotenbrillen, nietenbesetztes Leder und ein dicker Schnauzbart, der über die Jahre mit seinen ebenso buschigen Koteletten zusammenwuchs: Das war Kurt Hauenstein, Kopf der Gruppe "Supermax".

(Foto: Universal)

Nun ist also in der Nacht zum Montag Kurt Hauenstein gestorben, der Wiener Musiker, den man außerhalb seiner Heimatstadt vor allem als backenbärtigen Kopf der Gruppe Supermax kannte. 1978 kam die mit einer Single heraus, die den schlichten Titel "Lovemachine" hatte.

Der Song funktioniert auch heute noch irgendwie, so wie ja fast alles heute durch die Ironiebrille des Retropop noch funktioniert. Damals aber hatte der Song gewaltige Wirkung auf einen 15-Jährigen, der nachmittags auf dem Volksfest ein wenig beim Autoscooter mithelfen durfte und für den der Generalschlüssel mit dem Fuchsschwanz-Anhänger so etwas wie ein erster Vorgeschmack auf eine breitbeinige Männlichkeit war, die man auf der Oberschule nicht finden konnte.

"Lovemachine" war der ideale Soundtrack für diese unverblümte Form musikalischer Sexualität, die man damals sonst höchstens in den Soulplatten von Isaac Hayes und Barry White fand.

Supermax' Geheimnis war die erotische Lässigkeit in Kurt Hauensteins Stimme, der Anzüglichkeiten mit dem eiskalten Gestus des Pimps deklamierte, jener Karikatur des schwarzen Zuhälters, der zu dieser Zeit in Filmen wie "Shaft" und "Superfly" zum Archetyp der Popkultur wurde.

Es half natürlich, dass die Band eine Form von Funk spielte, die an die Soundtracks von Pornofilmen erinnerte, dass Hauenstein dunkle Pilotenbrillen trug, nietenbesetztes Leder und einen dicken Schnauzbart, der über die Jahre mit seinen ebenso buschigen Koteletten zusammenwuchs, und dass er sich gerne mit Sängerinnen fotografieren ließ, die diese Aura deutlich unterstrichen.

Die Musiker wechselten über die Jahre. Aber Hauenstein blieb seiner musikalischen Mischung aus Disco, Reggae und Afro treu. Seine Pionierleistungen waren dann auch eher politischer Art. 1980 war Supermax die erste westliche Popgruppe, die in Ostblockländern wie Jugoslawien, Bulgarien, Ungarn und Rumänien auftreten durfte. Ein Jahr später war sie die erste Band mit weißen und schwarzen Musikern, die durch das Apartheidsland Südafrika tourte. 1983 war Hauenstein der erste weiße Musiker, der beim Reggae Sunsplash Festival in Jamaika auftrat.

In Osteuropa hat man Supermax bis heute nicht vergessen. 2007 trat Kurt Hauenstein mit seiner Gruppe in Bulgarien vor 60000 Zuhörern auf. Nun ist es in seiner Heimatstadt Wien unter noch ungeklärten Umständen gestorben. Man vermutet einen Herzinfarkt. Er wurde 62 Jahre alt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: