Verfilmung von "Fifty Shades of Grey":Sadomaso-Männer sind Heimwerker

Die lustvollste Szene in "Fifty Shades of Grey" spielt im Baumarkt. Die Läden sind in der Filmgeschichte schon immer wichtig, von "Psycho" bis "Breaking Bad". Eine Auswahl.

Von SZ-Kritikern

8 Bilder

Dakota Johnson im Film Fifty Shades of Grey (2015)

Quelle: Photo by Chuck Zlotnick - © Universal Pictures

1 / 8

Fifty Shades of Grey

Nach langen Monaten, in denen man uns mit blassem, hochgestyltem, nichtssagendem Trailer-Material abspeiste, kommt "Fifty Shades of Grey" nun doch noch zur Sache. Zum Kinostart gibt es im Netz eine Szene zu sehen, die zu den zentralen des Films zu gehören scheint und uns mitten ins Herz des Sadomasochismus führt, dem der Film sich widmet. Der Milliardär Christian Grey kommt, hemdsärmlig schick, in den Baumarkt und überrascht die Studentin Anastasia, die dort jobbt. Sind Sie grade frei?, fragt er und nennt seine Wünsche. Anastasia, in kariertem Hemd und Schürze, bedient ihn mit zarter Verlegenheit: Kabelbinder ... Klebeband, ein Inch und zwei Inch ... ein rotes Seil ... Der Sadomasochismus wird hier aus seiner werbeseligen Diffusität gerettet, er ist volksnah und bodenständig, eindeutig ein Handwerk. Der SM-Mann als Heimwerker, der mit sicheren Handgriffen sein Objekt, die willige Frau, traktiert. Und: Der Baumarkt als wahrer Ort von Verführung und Verheißung, erotisch und lustvoll. Fritz Göttler

Aaron Paul und Bryan Cranston in Breaking Bad.

Quelle: Szene aus Breaking Bad, AXN

2 / 8

Breaking Bad

Weil nicht nur der amerikanische Traum auf einer knallharten, darwinistischen Do-It-Yourself-Ideologie beruht, sondern auch der amerikanische Alptraum, ist der Baumarkt natürlich fester Bestandteil dieser Hitserie. Dort erklärt zum Beispiel in einer urkomischen Szene der Chrystal-Meth-Meister Walter White einem armen White Trash-Burschen zwischen den riesigen Regalreihen des Bau-Discounters, dass ihm sein Haus und seine Meth-zerfressenen Zähne um die Ohren fliegen werden. Weil er nur den billigen Angebotsunsinn im Einkaufswagen hat, mit dem man mit Sicherheit kein preisverdächtiges Produkt köcheln kann. Hilfsbereit referiert er ihm also seine geniale Meth-Shoppingliste für Fortgeschrittene - zu sehen in diesem Video. David Steinitz

Blue Velvet; Blue Velvet, USA 1986

Quelle: Filmstill: Blue Velvet, USA 1986, Produktion Fred C.Caruso, Regie David Lynch, © 1986 - MGM

3 / 8

Blue Velvet

"She wore Blue Velvet...", flötet verführerisch Isabella Rossellini, nachts, in der schummrigsten Bar, die David Lynch sich je ausgedacht hat. Seinen Hauptdarsteller Kyle MacLachlan allerdings hat er nicht in blauen Samt gepackt, sondern in einen anständigen Blaumann. Mit dem verschafft er sich Zutritt ins Apartment seiner angebeteten Isabella. Geliehen hat er sich die Kluft aus dem Kleinstadt-Laden seines Film-Vaters, Beaumont's Paints & Hardware Store - ein richtiger Eisenwarenladen alter Schule, aus der Prä-Obi-Ära. Dort wiederum arbeitet das vermutlich merkwürdigste Baumarktpärchen der Filmgeschichte: zwei ältere Herren, einer von ihnen blind, die stets Doppelpack eng aneinander an der Registrierkasse stehen und Äxte und Schrauben über die Ladentheke wandern lassen. Sie sind die Dealer der örtlichen Gelüste, die Gerätschaften bereithalten, mit denen sich jede Form des Voyeurismus in die Tat umsetzen lässt. David Steinitz

The Wire

Quelle: Paul Schiraldi: Szene aus The Wire (2002-2008) © 2002 - HBO, Inc. All rights reserved.

4 / 8

Am Anfang der vierten Staffel von "The Wire" kaufen Chris und Snoop (gespielt von Gbenga Akinnagbe und Felicia Pearson) im Baumarkt eine eindrucksvolle riesige Nagelpistole. Das lässige, aber ungemein tödliche männlich-weibliche Killerduo braucht das Gerät, um Türen in verlassenen Apartmens zu vernageln - immer dann, wenn dort wieder eine neue Leiche aus dem Drogenkrieg von Baltimore deponiert wurde. Ein Cop nimmt ihnen das Ding irgendwann ab, ahnt aber nicht, wofür es gut sein soll. Bis jemand bei der Polizei begreift, dass die Nägel aus dieser Pistole immer zu einer Leiche führen, ist die Staffel auch schon wieder vorbei... Tobias Kniebe

Don Jon

Quelle: Filmstill: Joseph Gordon-Levitt in Don Jon (2013) © 2013 Relativity Media, LLC

5 / 8

Don Jon

Don Jon ist ein dynamischer junger Bursche, der sein Leben ordentlich geregelt hat - sonntags Kirchgang mit Beichte, zum Essen zur Familie, täglich ein Quantum Pornos auf dem Laptop zur Selbstbefriedigung ... Es ist die erste Regiearbeit des Jungstars Joseph Gordon-Levitt. Ganz himmlisch wird es für seinen Don Jon, als er die Frau der Frauen trifft - Scarlett Johansson! - und die beiden eine (Liebes?)Beziehung aufbauen. Dass sie mit seinen Pornoexkursen unglücklich ist, versteht sich. Doch dann gehen die beiden zusammen in den Baumarkt. Soll ich dir deine Wand anbohren, fragt er belustigt, dann will er noch schnell mal in die Haushaltswarenabteilung, Swiffers holen. Was ist das, fragt sie verwirrt. Das sei unentbehrlich, versichert er, wenn man seine Böden sauber kriegen will. Das geht aber gar nicht, für sie, dass er selber seine Wohnung putzt. Wenn wir mal zusammenziehen, erklärt sie, wird Rosa, das ist ihre Putzfrau, für uns putzen. Aber: Ihr schnutiger Blick lässt nichts Gutes ahnen für die Zukunft. Fritz Göttler

Norman Bates in "Psycho"

Quelle: Filmstill: Norman Bates in Psycho © 1960 Paramount - Image courtesy mptvimages.com

6 / 8

Psycho

Die klassische, frühe Hardware-Szene, im Laden von Sam Loomis, in der kleinen Stadt Fairvale, California. Der Einzelhandel baut ab, wie auch die kleinen Familienmotels an den Fernstraßen. Die Geschäfte gehen auch für Sam nicht mehr gut, der Schulden hat und eine geschiedene Frau und eine neue Freundin, mit der er aus finanziellen Gründen noch nicht zusammenziehen kann. Um ihm zu helfen, unterschlägt die Freundin, Marion Crane, 40000 Dollar und fährt los nach Fairvale ...

Der Film ist Hitchcocks "Psycho", 1960 - in dem Jahr wurde in Deutschland das Bauhaus eröffnet, der erste deutsche Baumarkt. Marion kommt, wie man weiß, nie in Fairvale an, dafür taucht ihre Schwester Lila, Tage nach Marions Verschwinden, plötzlich bei Sam auf und geht den langen, wohlbestückten Ladengang entlang. Eine alte Dame ist auch da, die ein Pestizid begutachtet und zum Ladenjungen meint: "Insect or man, I say death should always be painless... " So wird bei Hitchcock wieder mal alles verhandelt, die Ökonomie und die Gesellschaft, der Schrecken und der Tod und die Lust. Fritz Göttler

Denzel Washington

Quelle: AP Photo/Sony, Columbia Pictures, Scott Garfield)

7 / 8

The Equalizer

In der Fernsehserie aus den Achtzigern, auf der dieses deftige Action-Remake beruht, war der nächtliche Rächer Robert McCall noch ein eleganter Gentleman-Robin Hood im Trenchcoat. In seinem Jaguar cruiste er durch die Schluchten der Großstadt und bestrafte Verbrecher, die der Polizei nicht ins Netz gingen. Im Jahr 2014 ist Robert McCall, gespielt von Denzel Washington, ein astreiner, herzensguter Proletarier geworden. Sein Job: Abteilungsleiter im Baumarkt. Das hat den Vorteil, dass er alle Gerätschaften seines Sortiments zum Massakrieren von bösen Buben umfunktionieren kann. Blutgetränkte Rachefeldzüge mit maximaler Heimwerker-Chuzpe sind das, die sich Macaulay Culkin als einsamer Kevin allein zu Haus in seinen feuchtesten Träumen nicht hätte ausdenken können. David Steinitz

Kindsköpfe 2

Quelle: Szene aus "Kindsköpfe 2" - Sony Pictures

8 / 8

Kindsköpfe 2

Die Cowboys hatten den Wilden Westen, der moderne westliche Mann in mittleren Jahren hat immerhin den Baumarkt. Unendliche Regal-Weiten, ein letztes Refugium und ein letzter Frontier-Bereich, wo Gefahr und Abenteuer lauern und die Girls keine Rolle spielen - zumindest für einen kurzen, fiebrigen Moment der Männerlust. Die Gang um Adam Sandler, Kevin James und Chris Rock übersetzen das Slapstick-Genre, das schon seit Chaplin ein Maßstab der Industrialisierung gewesen ist, ins Zeitalter des Discounts, wo nur der flinkste Dödel überlebt. Achtung: selbstaufblasendes Schlauchboot! David Steinitz

© Süddeutsche.de/ebri
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: