Zum 70. Geburtstag von Jane Fonda:Viel zu hübsch

Barbarella hat es gewagt, den Mund aufzumachen. Von der berühmtesten Frau nach Marilyn Monroe und vor Lady Di, zwischen Fitness-Queen und Vietnam-Krieg: "Hanoi Jane" wird 70.

Susan Vahabzadeh

Wenn man von Anfang an ein öffentliches Leben geführt hat, ist es vielleicht das Beste, aus der Not eine Tugend zu machen und zu sagen: dann richtig. Es hätte leicht das Klagelied einer Frau werden können, die vom Selbstmord ihrer Mutter als 13-Jährige aus der Zeitung erfuhr und den Vater Henry mit seiner Leinwandpersönlichkeit noch stärker zur Deckung brachte als irgendwer sonst.

Jane Fonda Barbarella

So wurde sie berühmt: Jane Fonda als Barbarella:

(Foto: Foto: ap)

Stattdessen hat Jane Fonda angefangen, alles sehr selbstreflexiv zu erzählen, sich selbst zum Exempel zu machen als ein Mensch von vielen, der Zeit und Energie brauchte, um zu sich selbst zu finden. So wurde sie zur Stil-Ikone, zur politischen Wortführerin, wahrscheinlich zur berühmtesten Frau der Welt nach Marilyn Monroe und vor Lady Di.

Jane Fonda, geboren im Jahr 1937 am 21. Dezember, dem kürzesten Tag des Jahres, als Tochter des legendären Filmschauspielers Henry Fonda, ist schon aus Protest ganz anders an die Schauspielerei herangegangen als er. Sie hat ordentlich das Method Acting bei Lee Strasberg gelernt in New York, zum Leidwesen von Henry, für den Spielen Spielen war und nicht Sein, und der sich kopfschüttelnd abwandte, wenn sie abends zu Hause Orangensaftschmecken übte.

Sie war trotzdem viel zu hübsch fürs ernste Fach, und es war zu früh für New Hollywood. Sie fing an mit "Cat Ballou" und "Barfuß im Park" mit Robert Redford. Und dann - sie hatte Roger Vadim geheiratet und war zu ihm nach Paris gezogen - kam das Fantasy-Pin-Up "Barbarella". Von da an war sie selber wer - aber dass sie dieses Frauenbild, das sie selbst erschaffen hatte, nie wieder erfüllen wollte, hat man ihr lange nicht verziehen.

Kurz darauf, 1969, besetzte Sydney Pollack sie in "Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss", und diese Gloria, nicht Barbarella war es, aus der sie sich als Schauspielerin heraus erschaffen hat: trotzig, wütend, selbstzerstörerisch. Ein Tanzmarathon während der Dreißiger, ein vor Publikum zur Schau gestellter Existenzkampf - und mittendrin Gloria, für die es auch um alles geht, aber die um jeden Preis ihre Würde behalten will und sie mit dem Leben bezahlt. Sie hat ihre erste von sieben Oscarnominierungen bekommen für diese Rolle.

Die Karriere hatte sie schnell im Griff, im richtigen Leben hat sie drei Ehen gebraucht, bis sie sich selbst mit eigenen Augen und nicht durch die der anderen sehen konnte. Mit dem neuen Leinwand-Ich hat sie das amerikanische Kino der Siebziger geprägt, mit den Frauen, die sie spielte.

Die Nutte Bree Daniels in "Klute", die zwischen ihren Jobs beim Analytiker sitzt und herauszufinden versucht, warum Anschaffen ihr leicht fällt und sie sich vor echter Nähe fürchtet (Oscar Nummer eins, 1972); die Journalistin Hallie in Sydney Pollacks "Der elektrische Reiter", die sich verfangen hat in ihrer Karrierefunktionstüchtigkeit, bis sie merkt, dass sie für alles steht, was sie verachtet; die Soldatengattin Sally in "Coming Home", die aus ihrem Gewohnheitstrott ausbricht und zur Vietnamkriegsgegnerin wird (Oscar Nummer zwei, 1979).

Als Jane Fonda sich 1970 gegen den Vietnamkrieg wandte, dorthin fuhr und zur "Hanoi Jane" wurde, hatte sie angefangen mit der Arbeit an diesem Film, bis er fertig war, war der Krieg vorüber. Bei der diesjährigen Viennale hat sie ihn gezeigt, zusammen mit dem Kameramann Haskell Wexler, und all die Emotionen dieser Jahre kochten hoch; weil die Welt nicht sehr viel weitergekommen ist und weil sie überwältigt war von all der Zustimmung, die ihr entgegenschlug. In den USA, sagt Jane Fonda, hat man ihr bis heute nicht vergeben, dass Barbarella gewagt hat, den Mund aufzumachen.

Jane Fonda hat ziemlich viel angeschoben in ihrem Leben. Die Aerobic-Bewegung der Achtziger beispielsweise - ihre Videos gehören bis heute zu den meistverkauften überhaupt (es war, nebenbei bemerkt, nicht ihr Profit, sie machte das statt Spendensammeln). Die fürchterliche Ponyfrisur, die sie sich für "Klute" zulegte, in den Siebzigern millionenfach kopiert. Und sie hat danach immer noch mehr gefunden, was sie interessiert hat, wo sie mitmischen wollte - Feminismus, "Vagina Monologe" in Palästina aufführen, ein wissenschaftliches Buch über Alterungsprozesse schreiben.

Sie hat noch viel vor mit siebzig, der letzte Akt wird so lebhaft werden wie die davor. Und überhaupt: der kürzeste Tag des Jahres, schreibt sie am Ende ihrer Memoiren "My Life So Far", ist von der anderen Seite des Erdballs aus betrachtet der längste.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: