Zeitgeschichte:Vom Geist der Lichtburg

Der Historiker Michael Wolffsohn erzählt die "Weltgeschichte seiner Familie", in klarer Prosa und mit Sinn für Gerechtigkeit. An diesem Mittwoch wird er siebzig Jahre alt.

Von Jens Bisky

"Notgemeinschaft für eine freie Universität", stand 1970 auf Flugblättern in einem Hörsaal in Berlin-Dahlem. Farbe und Papierqualität fielen auf, vor allem überzeugte der Text den Studenten Michael Wolffsohn. Er fragte einen Kommilitonen, was es mit dieser Notgemeinschaft, der Nofu, auf sich habe. Das seien Nazis, war die Antwort und die Angelegenheit damit vorerst erledigt. Doch Wolffsohn hörte sich um, erfuhr Näheres über den Westberliner Ableger des "Bundes Freiheit der Wissenschaft". Später wurde er studentisches Mitglied im Nofu-Vorstand. Bund wie Notgemeinschaft hatten den Ruf, "finster reaktionär und braun" zu sein. Aber Wolffsohn wusste es längst genauer. Zu den Gründern des Bundes, der sich sozialistischen und kommunistischen Studentengruppen entgegenstellte, gehörte etwa der Politikwissenschaftler Richard Löwenthal, von 1926 bis 1929 KPD-Mitglied, 1935 vor den Nazis über Prag und Paris nach London geflohen, später SPD-Mitglied und Berater Willy Brandts. Neben Löwenthal gab es den Politikwissenschaftler Ernst Fraenkel, auch er ein deutscher Jude, 1918 Mitglied eines Soldatenrats, Sozialdemokrat seit 1921, 1938 in die USA entkommen.

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