Zeitgeschichte:Briefe an Krupp

Zeitgeschichte: Foto: Historisches Archiv Krupp

Foto: Historisches Archiv Krupp

Die Krupp-Stiftung stellt in der Villa Hügel in Essen Briefe aus, die an die Familie Krupp geschrieben wurden und die Strahlkraft von Industriegiganten zeigen.

Von Johan Schloemann

"Ihr Phonograph ist zwar noch nicht ganz fertiggestellt, nähert sich jedoch rasch der Vollendung, und ich hoffe, ihn Ihnen schon bald zuschicken zu können." Das erfährt der Essener Stahlunternehmer Friedrich Alfred Krupp im Jahr 1889 aus dem hier abgebildeten Brief von Thomas Alva Edison, also direkt vom Erfinder, bei dem er das neuartige Gerät zur Aufnahme und Wiedergabe von Schall bestellt hat.

Auch sonst ist der Firmenpatriarch mittendrin in der Kultur seiner Zeit: Max Liebermann bedankt sich für den Kauf eines Gemäldes. Graf Zeppelin bettelt "in ausgezeichnetster Hochachtung" um Kapital für sein geplantes Luftschiff. Cosima Wagner freut sich über "hochherzige" Spenden für die Bayreuther Festspiele. Der Biologe Ernst Haeckel verabredet sich mit Krupp, um über die Evolutionstheorie zu diskutieren. Und als F. A. Krupp 1902 stirbt, schickt Kaiser Wilhelm II. einen sechsseitigen, eigenhändigen und triefend emotionalen Kondolenzbrief an die 16-jährige Erbin Bertha Krupp.

Die 1811 gegründete Gussstahlfabrik stieg zur mächtigsten Firma Europas auf - der mehrmals fusionierte Nachfolger heißt heute Thyssen-Krupp AG -, und daher verwaltet die Krupp-Stiftung eines der ältesten und reichhaltigsten Wirtschaftsarchive. Eine neue Ausstellung in der Villa Hügel in Essen zeigt jetzt am Beispiel vieler prominenter Korrespondenten, welche gesellschaftliche Strahlkraft Industriegiganten haben können, zusätzlich zur eigentlichen wirtschaftlichen und zeitgeschichtlichen Macht, die im Fall von Krupp vom Ausbau der Eisenbahnen in aller Welt bis zur Waffenproduktion und Zwangsarbeit fürs Dritte Reich reichte.

44 faszinierende Originalbriefe von 1800 bis 1992 sind in der Schau zu sehen, viele davon zum ersten Mal ("Humboldt dankt, Adenauer dementiert", bis 8. Oktober, Katalog 24,95 Euro, www.villahuegel.de). Die Post ging an die Unternehmerfamilie, später an den 2013 gestorbenen Generalbevollmächtigten Berthold Beitz. Zu den Absendern gehören auch Otto von Bismarck, Walter Gropius, Max Planck,

Albert Speer, Walter Ulbricht,

Willy Brandt und Herbert von

Karajan.

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