Werk der Wahl:Das Licht des Südens

Der spanische Astronaut Pedro Duque lässt sich von Joaquín Sorollas Bildern wärmen

Wie fast jeder Spanier kenne ich Joaquín Sorolla aus der Schule. Vor allem sein Umgang mit dem großen Vorbild Velázquez steht auf dem Lehrplan. Die großen Werke, die hier in der Ausstellung hängen, habe ich allerdings noch nie live gesehen. Für mich ist es etwas ganz Besonderes, vor den Originalen zu stehen. Vor allem die Bilder von der Küste bei Javea beeindrucken mich tief - meine Frau ist in dem kleinen Ort geboren und wir haben dort ein Haus. Ich muss ihr gleich ein Foto von den Gemälden schicken.

Unzählige Fotos habe ich von den orangegelben Felsen und dem türkisblauen Meer an der Küste bei Javea geschossen. Schon als Kind waren Mallorcas und Valencias Küsten Sehnsuchtsorte für mich: Jeden Sommer sind meine Eltern mit mir aus dem überhitzten Madrid in die dortige Sommerfrische gefahren. Mit kleinen weißen Booten, wie sie Sorolla immer wieder malte, sind wir aufs Meer hinausgefahren und haben die Sonne, das Wasser, den Wind und das unbeschwerte Leben genossen. Später verbrachte ich mit meiner Frau wunderbare Sommerurlaube hier. Wenn ich Sorollas Bilder betrachte, dann halten sie so viel mehr für mich bereit, als meine Fotos. Ihm ist es gelungen, Lebensfreude einzufangen. Das ist es, was mich an diesen Werken so fasziniert: Wie hat er das bloß hinbekommen, nur mit Farben und Pinsel? Es bleibt mir ein Rätsel, und ich bin tief beeindruckt.

Es muss etwas mit dem Licht zu tun haben, das seine Bilder ausstrahlen. Man kann sich kaum vorstellen, wie wichtig für uns Spanier das Licht ist. Je nördlicher wir leben müssen, desto schwieriger wird es. Ich habe bei den Raumfahrtinstitutionen in Darmstadt, Den Haag und Moskau gearbeitet. Für einen Spanier ist es im dunklen Norden wirklich schwer, richtig wach zu werden. Es erstaunt mich gar nicht, dass die Spanier, die hier in München leben, von dieser Ausstellung so begeistert sind. Wenn du als Spanier vor diesen Gemälden stehst - dann erst merkst du, was dir hier wirklich fehlt: das unvergleichliche Licht des Südens.

Wie in dem Bild "Ende eines Arbeitstages": Auch heute noch kehren einige unserer Freunde in Javea nach einem Tag auf See mit ihrem Fang ans Ufer zurück, wenn schon die ersten Felsen Schatten auf das Meer werfen, das dann an tiefen Stellen fast ultramarin schimmert. Gleichzeitig lässt die Sonne die zerklüftete Küste in warmem Orange erstrahlen - das Farbenspiel könnte nicht eindrucksvoller sein.

Sorolla schafft es, dieses unvergleichliche Licht und das Lebensgefühl auf die Leinwand zu bannen. Ich bin tief berührt von der Intensität, mit der sich alte Gefühle bemerkbar machen. Die schönen Tage der Kindheit und der Sommerurlaube - sie sind wieder gegenwärtig. Unwillkürlich träume ich mich an meine Sehnsuchtsorte - mit offenen Augen.

Joaquín Sorolla. Spaniens Meister des Lichts, Kunsthalle München, Theatinerstr. 8, bis 3. Juli, 10-20 Uhr

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