Wasser-Bilder:Genesis

Bernhard Edmaier hat die Welt bereist und ihr Urelement fotografiert: Wasser ist Leben, ist Genesis und Apokalypse. Dabei rücken die bizarren Formen des Planeten in den Vordergrund.

Von Rudolf Neumaier

So kann man sich die Entstehung der Welt vorstellen. Wasser, viel Wasser, dazwischen Stein und Sand, wenig Grün. Keine Lebewesen. Die Welt erneuert sich ja immer wieder, noch mehr als der Mensch hat das Wasser sie gestaltet, das sich Flussbetten grub, lange bevor es in Kanäle gepfercht wurde, und Felsen sprengt, wenn es friert und wieder taut. Bernhard Edmaier hätte seinem neuen Bildband auch den Titel "Genesis" geben können, viele seiner Luftfotografien erzählen Entstehungsgeschichten: von Lagunen wie der Ria Formosa an der portugiesischen Algarve (im Bild), von Deltas wie dem Engare Nigro in Kenia, von kriechenden Gletschern und umgekippten Eisbergen. Der Fotokünstler nannte seinen Band "Wasser". Wäre Edmaier, der im oberbayerischen Ampfing lebt, ein Maler, würde man wohl von einer Schaffensphase sprechen, die von gedeckten Tönen wie braun und grau geprägt ist. Fixierte er sich in seinem Vorgängerbuch "Earth" auf die fantastischen Farben dieses Planeten, rücken jetzt Formen in den Vordergrund. Er hat bizarre Ornamente gefunden wie an der Algarve. Im Lena-Delta von Jakutien entdeckte er Geometrien, wie sie von Menschen angelegt sein könnten. Der Bernard-Gletscher in Alaska baut sich Trassen von Moränen in die Landschaft, die aus Edmaiers Vogelperspektive so akkurat wirken wie Autobahnen. Auf manchen der 220 Bilder schaut die Erde untergegangen aus: Der Malaspina-Gletscher in den Saint Elias Mountains von Alaska hat den Charme einer Braunkohlebrache nach der Apokalypse.

Die Geologin Angelika Jung-Hüttl erläutert Edmaiers Bilder. Sie erzählt nur das Nötigste, aber das reicht, um die Bilder zu verstehen. Wasser, schreibt sie, sei die "wichtigste landschaftsgestaltende Kraft auf der Erde: destruktiv oder konstruktiv und oft beides zugleich". Dieser Bildband lehrt, wie eng Genesis und Apokalypse verknüpft sind.

Bernhard Edmaier: Wasser. Prestel Verlag, München 2015. 240 Seiten, 59 Euro.

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