Wahre Welt (1):Das ist nicht die Maus deiner Mutter

Die Maus ist erwachsen geworden: Auch wenn Hersteller "Razer" seine "Copperhead" eine "Präzisions-Gaming Mouse" nennt, wird auch der Normal-Klicker dieses Gerät zu schätzen wissen. Denn es schneidet jeden Desktop wie Butter.

Bernd Graff

Es wird im Allgemeinen zu wenig an Mäuse gedacht. "Mäuse", das sind hier die bekanntesten aller HIDs, aller "Human Interface Devices" - ein Name, der nach diffizilen Operationen klingt, für die man mindestens einen Chefarzt-Titel benötigt. Tatsächlich meint er aber die Eingabegeräte für Computer. Im Fall der Maus bauscht man so den einfachen Sachverhalt ziemlich auf, dass man am Gerät "Klick" machen kann.

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Sicher, auch das war mal aufregend. Damals, als Douglas Engelbart 1968 seinen allerersten "X-Y-Positions-Anzeiger für ein Anzeige-System" in San Francisco vorstellte und etwas später dann Bill English im Palo Alto Research Park der Firma Xerox diesen umständlichen XY-Fall mit der ersten Kugelbauch-Maus löste.

Es war schön, dass die grafischen Oberflächen von Betriebssystemen und Computerprogrammen dann nach und nach auch verstanden, was "Klick" und "Markierung" sind. Und noch schöner, dass schließlich das ganze World Wide Web klickbar wurde. Aber das war´s dann auch. Die Maus ist prinzipiell zuende gedacht. Mehr gibt es zu Mäusen nicht mehr zu sagen. Mäuse sind inzwischen vor allem eins: unspektakulär. Eigentlich.

Die Ingenieure fummelten natürlich immer weiter - Zweitastenmaus, Scrollrad, optische Maus - vor allem deswegen fummelten sie, weil sich spezifische Nutzeransprüche herauskristallisierten, die mehr wollten als den Stocherklick im Pixelbrei, den jede 5Euro-Maus heute mühelos hinbekommt.

Diese Leute mit gehobenen Ansprüchen verlangten nach einem Präzisionswerkzeug, das den Klick schnell, exakt zu platzieren vermag: ohne großen Aufwand und dem Pixel möglichst zwischen die Augen. Eine Maus also, die aus der Hüfte klickt. Die Welt, vor allem aber die spielende Welt, wollte die Laser-Maus.

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Das ist nicht die Maus deiner Mutter

Während der normale Mäuse-Dompteur immer noch meint, jede Maus mit rotem Bauchleuchten sei schon eine Lasermaus, erkennen Eingeweihte ihr echtes Laser-Darling daran, dass es gerade nicht leuchtet. Jedenfalls nicht auf der Unterseite.

Die Firma Logitech setzte 2004 in der "MX 1000" als erste einen feinen Laserstrahl statt einer roten LED ein, der vor allem auf glatteren Oberflächen eine präzisere Abtastung gewährleistete. Dessen auffälligstes Merkmal eben: Man sieht ihn nicht. Auffälligstes Kennzeichen der Maus: Sie seziert den Bildschirm wie Butter.

Nun sind seit der Premiere auch schon wieder Monate vergangen - und die Logitech-Mitberwerber haben nicht geschlafen. Vor allem eine Firma hat sich inzwischen in die Herzen der Gamer hinein klicken können. Und das, obwohl sie ein recht giftiges Logo aufweist.

Razer heißt diese amerikanische Firma, die alle ihre Produkte nach einheimischen Giftschlangen benannt und sich selber ein Logo verpasst hat, das sich manche Fans inzwischen sogar in die Haut eintätowieren lassen: ein Ensemble von drei, sich züngelnd windenden, auseinander strebenden Schlangen. Sehr schick, fast tribalistisch und angemessen gefährlich. Ihr Slogan: "Das ist nicht die Maus deiner Mutter."

Nach dem Erfolg der "Boomslang", sie war noch eine Kugelmaus, machte die Firma mit der optischen "Diamondback" von sich reden, die schon mit einem optischen Sensor der hauseigenen Razer Precision-Marke ausgestattet war. Die Diamondback brachte es auf eine Abtastrate von 1600 DPI, doppelt soviel wie eine konventionelle Maus im oberen Qualitätssegment.

Die neue Maus aus dem Razerhaus heißt "Copperhead". Und sie ist erstmals eine echte 2000 dpi-Lasermaus mit einer Reaktionszeit von 1 Millisekunde bei einer Abfragefrequenz von 1000Hz. Sie hat einen eigenen Arbeitsspeicher von 32 kB OnBoard, um die Individualeinstellung Computer unabhängig zu speichern. Außerdem bleibt sie messerscharf und präzise bei einer Beschleunigung von maximal 20g und - nach Werksangaben - 45 IPS (Inch per Second).

Nun mag man sich fragen: Was heißt denn das alles schon? Ist dieses Zahlen-Geprotze nicht völlig belanglos? Müssen die gleich 7 Tasten, die irgendwie an der Maus untergebracht sind, müssen der "Always On-Modus ohne Standby-Verzögerung", muss die eigene Software, das "On-the-Fly Sensitivity DPI Adjustment", muss das pulsierende Logo und die "Glowpipe" genannte Seitenleiste ... muss das alles wirklich sein? Es geht doch immer noch nur um eine Maus.

Das stimmt - und es stimmt auch wieder nicht: Denn mit dieser Lasermaus wird der niedliche Zeigerschubser erwachsen. Die Computermmaus wird zum technischen Gerät eigener Qualität und Güte. Wer jetzt noch unachtsam Mäuse kauft, hat eine Entwicklung verpasst - und lässt sich etwas entgehen.

Beginnen wir harmlos - und schieben die nicht einmal an einen Computer angeschlossene "Razer Copperhead" über eine beliebige glatte Oberfläche. Man hat den Eindruck, die Maus schwebe auf einem Luftkissen. Tatsächlich gleitet sie auf drei Teflon-Füssen wie ein Skater auf Eis: Das geht flüssig, man meint, die Maus durch bloßes Anpusten bewegen zu können.

Razer-Mäuse stehen nicht nur für geringe Bodenhaftung, bestechende Präzision und hübsche Logos, sondern auch für eine überzeugende Ergonomie und ein Atem raubendes Design des symmetrisch gebauten, beidhändig nutzbaren Maus-Körpers: Der "Rücken" ist meist leichter gewölbt und gestreckter als bei herkömmlichen Nagern. Die Finger bleiben beim Klick fast ausgestreckt. Außerdem ist der Body aus halbtransparentem Kunststoff gefertigt, durch die bei der "Copperhead" ein blaues Kaltlicht pulst.

Und zwar im Wortsinn: pulst. Man hat das Firmen-Logo auf dem Rückenscheitel mit einem entspannten Blinken unterlegt, das wirkt, als ob die Maus atme. An den Seiten und unter dem Scrollrad leuchtet das Blau konstant. Funktional hervorzuheben sind auf der Oberseite das griffig stabile, klar "rastende" Mausrad fürs Scrollings und die beiden lang gezogenen Haupt-Tasten mit abrutschsicherem Bezug, die hier so etwas sind wie Maß-Betten für die Klickfinger. Sie sind bei eindeutig auslösendem Klickpunkt äußerst komfortabel.

Weniger komfortabel sind hingegen die vier, unter einer "Glowpipe" genannten Leucht-Reling liegenden Seitentasten zu bedienen, die man denn auch fast nicht freihändig, also ohne genau hinzuschauen, bedienen möchte.

Denn man erfühlt - auch ohne "Wurstfinger" - nicht genau auf Anhieb, welche der Tasten man gerade bedient. Für Schnellrechner: Auf 7 Tasten kommt man, wenn man das ebenfalls justierbare Scrollrad mitrechnet.

Es gibt aber noch einen "8." Button auf der Unterseite, über den man auch ohne die Treibersoftware zwischen fünf definierten Treiberprofilen wechseln kann. Das ist praktisch, wenn man das Zeigegerät an einem Fremdcomputer anschließt, der die voluminöse Treibersoftware nicht installiert hat.

Man kann die "Copperhead" sowohl an Windows-PCs wie an Macs anschließen. An einem Mac geschieht dies sofort und problemlos durch Einstecken des goldenen USB-Steckers, auch wenn der Hersteller keine dezidierten Mac-Treiber für sein Produkt beilegt. Tatsächlich - und das ist allerdings ein echtes Ärgernis - verweist Razer sogar auf seiner Webseite mit falschem Link auf "USB-Overdrive", auf ein kommerzielles Shareware-Tool, um dieses Manko auszugleichen. Aber auch ohne die Shareware (und die Individualbelegung aller 7 Tasten) zeigt die Copperhead an einem Mac viel von ihrer erstaunlichen Leistung.

Richtig zur Geltung, das ist nicht nur nach der Mac-Panne klar, soll die Copperhead aber unter Windows kommen. Denn ihre Klientel wird vornehmlich aus Spielern bestehen. Die Copperhead nennt sich denn auch ausdrücklich eine "High Precision Gaming Mouse". Und die meisten Spiele gibt es nun einmal für das OS von Microsoft.

Dazu richtet man die Maus zuvor über eine mitgelieferte, ebenfalls äußerst stylische Treiber-Software ein, die auch über die Razer-Website kostenlos bezogen, bzw. upgedatet werden kann.

Statt von Treibersoftware sollte man indes gleich von einer vollwertige Anwendung sprechen, die sich entsprechend "Advanced Driver Control" nennt und, wenn man sie lässt, sogar dauerhaft ins Systemtray wandert, um die Einstellungen jederzeit schnell wechseln zu können. Mit ihr hat man ebenfalls Zugriff auf die Belegung aller Tasten, kann die Auflösung des Sensors auf 400, 800 und 1600 dpi reduzieren. Mit anderen Worten: diese Maus ist ein Instrument, das man sowohl hardware- wie softwareseitig nahezu beliebig skalieren und an seine Klick- und Markier-Bedürfnisse anpassen kann. Den Hand schmeichelnden Body hat man naturgemäß immer, das dann auch Nervpotential entwickelnde Pulsieren des Logos auch. Man kann es nicht abstellen. Dafür aber erfreut man sich am 2,10 Meter langen, unverdrillten Kabel, das die Maus für nahezu alle Rechnerkonstellationen reichweitenneutral erscheinen lässt.

Angeblich soll es demnächst noch Gewichte für Maus geben, die den Spezialanforderungen von Gamern Genüge tragen sollen. Noch gibt es diese von Razer selbst angekündigten "Pro-Tools" nicht.

Wobei uns stutzig macht, dass Razer seine eigenen "Pro-Tools" wie folgt anbietet: "Razer Pro-Tools™ (Sold separately): Up to 3 customizable weight standards and optional dummy buttons(*)", um dann als Fußnote, in kleinerer Schrift und in nahezu hintergrundgleicher Farbe, also kaum lesbar!, hinzuzufügen: "(*)Using Pro-Tools will void your warranty." Aha.

Dennoch: Auch wenn man kein Spieler ist, dem Gewichte der Maus auffallen, und auch, wenn man die vielen Tasten der Copperhead nicht wirklich im Klicker-Alltag benötigt, ist diese Maus schon schmucktechnisch eine Zierde jeden Rechners.

Auch wenn man eine gewisse kurze Eingewöhnungszeit braucht, bis auch der Neuling kapiert hat, was "2000 dpi bei 45 Ips und 20g" tatsächlich auf dem Monitor bedeuten, nämlich erst einmal einen ungeahnten Fortbewegungsdrang bei hoher Geschwindigkeit des Mauszeigers.

Jeder Computernutzer kann mit diesem Laser-HID beglückt werden, selbst wenn er nur Excel-Tabellen damit ansteuern möchte.

Die Razer Copperhead gibt es in den Farben "Tempest Blue", "Anarchy Red" und "Chaos Green". Sie wird in Deutschland von Speed Link (http://www.speed-link.com/) vertrieben und kostet um die 60 Euro.

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