Vorschlag-Hammer:Zwei Störenfriede

Der Theatermeister Kortner provozierte 1960 mit seinem TV-Debüt "Die Sendung der Lysistrata" den ersten deutschen Abschaltskandal. Fünf der neun Sender (darunter BR und WDR) wollten das mehr als drastische Stück nach Aristophanes nicht gesendet haben

Von Fritz Göttler

Ein Wochenende für zwei überzeugte Störenfriede, die Anfang der Sechziger die starre Moral der bürgerlichen Gesellschaft aufmischten - und sichtlich großen Spaß daran hatten: Fritz Kortner (am Freitag) und Otto Preminger (am Sonntag) in der Romy-Reihe des Filmmuseums. Der Theatermeister Kortner provozierte 1960 mit seinem TV-Debüt "Die Sendung der Lysistrata" den ersten deutschen Abschaltskandal. Denn fünf der neun Sender (darunter BR und WDR) wollten das mehr als drastische Stück nach Aristophanes nicht gesendet haben - über die Frauen im antiken Athen, die sich dem häuslichen Sex verweigerten, weil die Männer nicht aufhören wollen mit dem Kriegführen. Kortner hatte das Stück natürlich entschärft, aber es schien dennoch nicht sendefähig. "Mit meiner Frau zusammen würde ich den Fernsehfilm nicht sehen wollen", sagte Direktor Lange vom WDR. "Mir ist schon lange kein achtzölliger Tröster vor Augen gekommen", sagt im Film die junge Myrrhine, Freundin der Streikführerin Lysistrata, gespielt von Barbara Rütting, Myrrhine ist Romy Schneider. Gemeinerweise hatte Kortner noch eine Rahmenhandlung in der Jetztzeit angefügt, was wiederum BR-Direktor Clemens Münster verstörte: "Die Verfechter einer Atomrüstung werden auf eine Weise karikiert, die einfach unfair ist."

1963 brachte Otto Preminger seinen "Kardinal" in die Kinos, über einen amerikanischen Priester, der eine Menge durchmacht, seine eigene Glaubensunversöhnlichkeit, die Peitschenhiebe des Ku Klux Klan, den Nazipöbel in Wien. Dort hatte er sich bei einem früheren Aufenthalt in die Studentin Annemarie verliebt - Romy Schneider -, die er 1938, in päpstlichem Auftrag wieder in der Stadt, nicht retten kann vor der Gestapo. Preminger drehte fast nur an Originalschauplätzen, mit dem Papst kam er prima zurecht, aber einen Dreh in einer Kirche in Boston wollte der amerikanische Kardinal ihm partout nicht erlauben. Nur die jungen Kritiker hielten dem epischen Preminger die Treue. Wir gaben Filmen wie dem "Kardinal" vier Punkte, um die anderen Kritiker zu ärgern, erinnert sich Rudolf Thome, selber ein toller Filmemacher. Leider läuft der Film über ihn nicht mehr in München, "Überall Blumen", von Serpil Turhan. Auch Roger Fritz, Akteur, Regisseur, Fotograf, Lokalbesitzer, hat zur Zeit nichts laufen in München. Er wird am Donnerstag achtzig. Vielleicht schon vormerken: "Il Lavoro" von Visconti, der ihm sehr verbunden war, am 14. Oktober in der Romy-Reihe.

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