Vorschlag-Hammer:Wortgewalt

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Literaturliebe schön und gut. Manche Bücher landen in der Ecke, auch wenn andere davon in den höchsten Tönen schwärmen

Von Karl Forster

Es gibt Bücher, die einen besiegen. Die man nach 30 Seiten in die Ecke pfeffert, weil sie einen abwerfen wie ein wütender Bulle den Rodeoreiter. Man wirft sie mit schlechtem Gewissen in die Ecke, gerät gar in eine kurze Phase der Depression, weil man sich für blöd hält, ein Buch nicht lesen zu können, von dem andere in höchsten Tönen schwärmen.

Und nun also der Bierbichler Sepp, wie man in Bayern so sagt. Josef Bierbichler, wie es allgemeindeutsch auf seinem Buch Mittelreich steht. Auch dieser Schinken flog in die Ecke. Nicht weil es schwer zu lesen gewesen wäre, nein, aber ich habe auf Bayern 5 gehört, wie der Bierbichler Sepp aus seinem Buch gelesen hat. Das war fatal. Denn von nun an hatte ich bei jeder Zeile seine Stimme im Ohr. Das hat mich schier in den Wahnsinn getrieben, und bevor's soweit kam, landete es - genau - in der Ecke. Erlösung gab es erst, als die Box mit den zehn CDs herauskam. Ich werde das Werk nun nie mehr vergessen. In den Kammerspielen hat man es auf die Bühne gebracht. An diesem Montag ist es wieder soweit. 19.30 Uhr. Ich hab' mir das erspart. Aus Angst, es könne etwas kaputt gehen. Aber vielleicht ist ja diese Angst unberechtigt.

Ganz anderes gilt es zu empfehlen, doch auch dies hat mit Sprache zu tun und damit, dass, je gewaltiger sie ertönt, desto größer der in diesem Falle direkte Erfolg ist. Das Substanz in der Ruppertstraße feiert Dreißigsten. Schon länger und auch noch länger. Am Montag auf Englisch, der Ursprache des Poetry Slam. Unter dem Motto Three Minutes Madness gibt es einen als "Comedy Show" apostrophierten Abend, für einen Montag möglicherweise ideal, um der Woche etwas Farbe zu verleihen. Weil die britische Sängerin Ellie Goulding an mir als Nichtbayerndreihörer vorübergegangen ist, kann ich mich nur wundern, dass sie es trotzdem in die Olympiahalle geschafft hat. Dass hingegen die Gattin von Johann Sebastian Bach, Klavieranfängern als Anna Magdalena bekannt, es als Komponistin in die Seidl-Villa geschafft hat, ist für mich die deutlich spannendere Geschichte. Sie soll sogar für den Gatten komponiert haben, unter anderem die Cello-Suiten. Das glaub' ich einfach nicht!

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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