Vorschlag-Hammer:Sprach-Grenzen

Lernt Arabisch! So konnte man einen Beitrag von Albert Ostermaier bei der Eröffnung des Literaturfestes interpretieren. Nicht nur die Flüchtlinge müssten sich hierzulande integrieren

Von Antje Weber

Lernt Arabisch! So konnte man einen Beitrag von Albert Ostermaier bei der Literaturfest-Eröffnung interpretieren. Nicht nur die Flüchtlinge müssten sich hierzulande integrieren, sagte er sinngemäß, sondern wir müssten umgekehrt auch mehr Interesse für deren Kulturen zeigen. Tatsächlich hätte man an diesem Abend gerne die arabische Sprache beherrscht und damit noch besser verstanden, was der syrische Lyriker Adonis so alles sagte. Dies soll keine Kritik am vermutlich ausgezeichneten Simultandolmetscher sein. Doch hat Adonis wirklich so gar nicht auf die letzte Frage geantwortet, wie es den Anschein hatte? Hatte er sie nicht verstanden oder nicht verstehen wollen, um statt dessen - Problem aller Podien - einfach loszuwerden, was er an Statements loswerden wollte?

Es ist schwer, einander zu verstehen, über die Grenzen unserer Sprachen hinweg. "Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt", das wusste schon der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Wer in Erstaufnahmelagern mit Flüchtlingen zu tun hat, weiß, wie mühsam es ist, sich manchmal nur mit Händen und Füßen verständigen zu können - und da geht es noch gar nicht um die wichtigen Nuancen, nach denen wir Menschen und ihre Meinungen ja erst richtig beurteilen können. Nicht jeder, ob Deutscher oder Syrer, beherrscht auch allein schon das Englische so gut wie zum Beispiel Denis Scheck, der beim Literaturfest-Abend mit Salman Rushdie nicht nur moderierte, sondern selbst übersetzte - und es auch noch schaffte, diese Leistung leicht und selbstverständlich aussehen zu lassen. Wer auch nur ein wenig Spanisch konnte, war dagegen beim Abend mit Martín Carparrós fein heraus. Da die Übersetzungsanlage im Instituto Cervantes ausfiel, musste die Simultandolmetscherin Patricia Viegas-Louro ihre Kabine verlassen, sich neben den Argentinier auf die Bühne setzen und konsekutiv übersetzen - mit dem Vorteil, dass Sprachenlernende erst das Original, danach die versierte Übertragung genießen konnten; und dem Nachteil, dass bei dieser zeitraubenden Variante das Tempo eines Gesprächs natürlich stark gedrosselt wird.

Beim diesmal besonders international besetzten Literaturfest wird es noch etliche weitere Versuche geben, Brücken in die unterschiedlichsten Sprachen und Kulturkreise zu bauen. Mit zum Beispiel einem Abend über afrikanische Perspektiven (Donnerstag, 26. November, 21 Uhr, Import Export), bei dem aus dem Französischen übersetzt wird. Zu Gast sind die Schriftstellerinnen Léonora Miano aus Kamerun und Scholastique Mukasonga aus Ruanda, die beide inzwischen in Frankreich leben, sowie der in München lebende Aktivist Hamado Dipama, der aus Burkina Faso stammt. Für den Abend mit der israelischen Bestsellerautorin Zeruya Shalev und ihrer in Beirut lebenden Kollegin Dima Wannous (Freitag, 27. November, 19 Uhr, Marstall) wiederum sind die Sprachen Englisch, Arabisch und Deutsch angekündigt. Da wäre es, um der Nuancen willen, natürlich wieder fein, ein bisschen Arabisch zu können. Doch wir werden es zur Not auch ohne schaffen - Inschallah.

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