Vorschlag-Hammer:Schöpfung heute

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In Tom Fords Film "Nocturnal Animals" steht archaische Gewalt neben hochartifizieller Zivilisiert- und Entfremdetheit

Von Susanne Hermanski

Wer an etwas Göttliches glaubt in dieser Welt, der bestaunt diese Menschen besonders: Sie sind nicht nur Modeschöpfer, Filmemacher, Bildhauer, sie sind Kreative per se. Manche sogar alles in einem. Tom Ford gehört dazu. Er, der als Fashiondesigner mit Finanztalent berühmt wurde - und zuvor ein wenig Kunstgeschichte und etwas mehr Architektur und Innenarchitektur studiert hatte -, macht auch Filme. Schon sein Debüt A Single Man (im Kino 2009, heute auf DVD, aber Vorsicht - Leuten, die allein Weihnachten feiern, trotz des Titels nicht zu empfehlen) mit Colin Firth und Julianne Moore war überraschend, klug, elegant und bewegend.

Über wie viele Filme kann man das schon sagen? Eine Handvoll mag 2016 zusammenkommen. Nun, auf den letzten Metern des Jahres, läuft wieder ein Tom-Ford-Film: Nocturnal Animals. Der ist überraschend, klug, elegant und brutal. Gerade in letzterem also, wie dieses Jahr insgesamt war: voll archaischer Gewalt einerseits, andererseits von einer hochartifiziellen Zivilisiert-, aber damit auch Entfremdetheit. Die Schizophrenie ist es, die Ford derart schöpferisch in Bilder umsetzt. Die Geschichte dazu hat er nicht selbst geschaffen. Er leiht sie sich aus dem Roman "Tony & Susan" seines amerikanischen Landsmanns Austin Wright (1922 - 2003).

Die erzählt von einer Kunstgaleristin (Amy Adams), der ihr Exmann seinen Debütroman schickt, einen Thriller über einen Mann (Jake Gyllenhaal), der mit Frau und Tochter auf einem einsamen Highway in Konflikt mit einer Horde junger Rednecks gerät. Frau und Tochter überleben diese unheilige Nacht nicht. Für sie gibt es keine Rettung, der Mann ist kein Held - und der Zuschauer kommt dabei fast um vor Schmerz über dieses hilflos ausgesetzte Sein. Wie Tom Ford trotzdem zurückkommt auf den Ausgangspunkt seiner Geschichte, in der es um die Liebe geht, das ist große Kunst. Ein Fest der Liebe sozusagen. Wenn auch von deren dunkelster Seite aus geschildert.

© SZ vom 24.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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