Vorschlag-Hammer:Schnell, schnell

Münchens Ballettchef Igor Zelensky redet nicht gern vor Leuten, schon gar nicht vor Journalisten, und folgt seinem inneren Impuls, der ihm vorgaukelt, dass er, je schneller er spricht, umso schneller die Chose hinter sich brächte

Von Eva-Elisabeth Fischer

Wenn man wieder einmal vergeblich versucht, ihm inhaltlich zu folgen, möchte man ihm zurufen wie der Hauptmann dem armen Erbsenfresser Woyzeck: "Langsam, Igor, langsam; eins nach dem andern! Er macht mir ganz schwindlig." Münchens Ballettchef Igor Zelensky schickt Kusshände zum Gruß über den Konferenztisch und legt los. Denn so eine Pressekonferenz hält ihn ab vom Eigentlichen, und das auch noch beim Endspurt zur Deutschlandpremiere der Alice im Wunderland, mit der am 3. April die Ballettfestwoche eröffnet wird. Aber er hört sich nicht nur an diesem Nachmittag, sondern immer so verhetzt an, so, als sei die Herzkönigin hinter ihm her, um ihm mit dem Krocketschläger eins überzuziehen. Er redet eben nicht gern vor Leuten, schon gar nicht vor Journalisten, und folgt seinem inneren Impuls, der ihm vorgaukelt, dass er, je schneller er spricht, umso schneller die Chose hinter sich bringt. Also stürzt er, wie die dem Kaninchen hinterher fallende Alice, von Thema zu Thema und damit unweigerlich von Sinnloch zu Sinnloch.

Man hakt also notgedrungen nach, was die Sache unnötig prolongiert, und reimt sich diesmal zusammen, dass a) das Kultusministerium, was einen nicht weiter wundert, Zelenskys begründeten Wunsch nach 16 bis 18 zusätzlichen Tänzerstellen abermals abgewiegelt hat, und b) sein ebenso dringendes Begehr nach einem Ballettinternat in Ergänzung der Ballettakademie offenbar nicht einmal in die Gehörgänge der entscheidenden Herren vorgedrungen ist. Man würde ja im Tanz gern in der Weltklasse mitspielen, aber tunlichst außer dem Ballettchef und seinen Tänzern nichts springen lassen, damit das auf lange Sicht auch so bleibt. Denn ohne akzeptable Heimstatt während der Ausbildungszeit geht das Gros des internationalen Spitzennachwuchses eben lieber nach Stuttgart.

Dabei könnte man im Frühjahr München angesichts der Programmfülle tatsächlich für eine Tanzstadt halten. Wobei die Disponenten der beiden Staatsopern wieder einmal stur nur in den eigenen Kalender geschaut haben. Sonst hätten sie die beiden Ballettpremieren womöglich zeitlich entzerrt. Zwei sinfonische Ballette, kumpelhaft Jean und Antonín betitelt und die Komponisten Jean Sibelius und Antonín Dvořák meinend, werden am 1. April in der Reithalle uraufgeführt, also zwei Tage vor Christopher Wheeldons aberwitziger "Alice".

Die Vorreiterin fürs stramme staatliche Tanzprogramm gibt Katja Wachter, fixe Größe der freien Szene seit 20 Jahren. "NichtIch" nennt sie ihre Tanz-Musik-Sprach-Performance im HochX, bei der ihr James Newton mit Gitarre, aber ohne Hemd und Hose zur Seite steht. Wachter kündigt was ganz anderes an als bisher. So wie Nina Hümpel für das Festival Dance vom 11. bis 22. Mai ganz Neues verspricht. Der Vorverkauf für Dance hat begonnen. Kauft Karten, Leute! Aber schnell!

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