Vorschlag-Hammer:Rückschau nach vorn

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Kennen Sie das? Die Wochen um den Jahreswechsel sind die verwirrendsten überhaupt. Einerseits ist man damit beschäftigt, zurückzuschauen; anderseits drängt es einen nach vorne, weil der Mensch nun mal gerne plant, sich auf Dinge freut, die Zukunft ausmalt

Von Bernhard Blöchl

Heute, das habe ich mir fest vorgenommen, springe ich zum letzten Mal von Gestern nach Morgen. Danach ist endgültig Schluss, man wird ja noch ganz damisch. Kennen Sie das? Die Wochen um den Jahreswechsel sind die verwirrendsten überhaupt. Einerseits ist man damit beschäftigt, zurückzuschauen; anderseits drängt es einen nach vorne, weil der Mensch nun mal gerne plant, sich auf Dinge freut, die Zukunft ausmalt. Aber dann rutscht einem die Mail mit den Kino-Jahres-charts in den Posteingang, und schon ertappt man sich dabei, 2015 zu rekapitulieren - es ist zum Kapitulieren! Von "Fack ju Göhte 2", dem Über-Hit, über die Blockbuster "Minions" (Platz 2), "Spectre" (Platz 3) und "Star Wars VII" (Platz 5) bis hin zum animierten Gefühlsrausch namens "Alles steht Kopf" (Platz 10) laufen die meisten Filme der deutschen Top Ten noch immer in den Kinos der Stadt (siehe Programm unten). Wer also den einen oder anderen verpasst hat und mitreden möchte - zum Nachholen ist es noch nicht zu spät.

Einer, der auch gerne zurückschaut, ist Ralf Westhoff. Der Münchner Autor und Regisseur ("Wir sind die Neuen", "Shoppen") kuratiert seit Kurzem eine hübsche Reihe im Monopol, die Beste gute Filme heißt. Jeden Sonntag stellt Westhoff Werke vor, "die im Kino etwas zu kurz gekommen sind". Oder, wie es auf der zugehörigen Website www.beste-gute-filme.de heißt: "richtig gute Filme, von denen man lernen kann. Relevante Filme, die etwas über das Leben erzählen. Filme, die Spaß machen." Am 17. Januar, 19.30 Uhr, wird A Most Violent Year im Original mit Untertiteln gezeigt, der raffinierte Großstadt-Thriller mit Oscar Isaac und Jessica Chastain, der im New York des Jahres 1981 spielt. Nicht ganz so weit zurück blickt das Team im Backstage. Seit 1991 gibt es das alternative Kulturzentrum, das mehrmals umziehen und seine Gestalt verändern musste, sein Herz aber nie verloren hat: die Liebe zum Lärm respektive zur kernigen Musik. Von Donnerstag, 14., bis Samstag, 16. Januar, wird das 25-Jährige gefeiert, selbstverständlich mit der passenden Live-Beschallung. Unter anderen treten die Benuts, Danko Jones und ZSK auf (freier Eintritt am Donnerstag, danach gelten Geburtstags-Spezialpreise).

Um den Blick schließlich doch noch weiter nach vorne zu richten, empfehle ich die Lesung von Thees Uhlmann am Montag, 25. Januar, im Ampere. Wie Beobachter der Bücher-Bestsellerlisten wissen, hat der Tomte-Sänger und ewige Rocker aus dem Norden ein überaus erfolgreiches Romandebüt hingepfeffert. "Sophia, der Tod und ich" ist eine schwarzhumorige und warmherzige Roadnovel, die gut zur eingangs skizzierten Jahreswechselwirrnis passt. Der Ich-Erzähler hat allerdings nicht die Wahl, ob er Pläne schmiedet oder sich im Gestern suhlt - er ist gezwungen, zurückzublicken. Sein Leben Revue passieren zu lassen. Weil plötzlich der Tod vor seiner Tür steht und ankündigt, was man vom Tod eben so erwartet.

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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