Vorschlag-Hammer:Nimm das!

Lesezeit: 2 min

Wie schon 2014 muss München den Spitzenplatz als Kulturmetropole Stuttgart überlassen. Wir sind angefressen

Von Bernhard Blöchl

Reflexartig gerät man ja schon in Versuchung, das übliche Scherz-Szenario aufzuziehen. Ihr seid nur noch zweite Liga (VfB), wir sind Champions League (FCB); ihr habt den Wasen, wir die Wiesn; ihr schwäbelt, uns perlt klangvolles Bairisch aus dem Mund. Und so weiter und so fort. In Wahrheit sind wir lediglich angefressen, dass München - wie schon 2014 - den Spitzenplatz als Kulturmetropole Stuttgart überlassen muss und vor Dresden und Berlin auf Platz 2 gelandet ist. Alle zwei Jahre wird das Kultur-Städte-Ranking vom Hamburgischen Welt-Wirtschaftsinstitut und der Privatbank Berenberg vorgestellt. Darin geht es, stark vereinfacht, um messbare Kulturangebote wie Opern- und Kinositzplätze je 1000 Einwohner, Ausstellungen und Künstlerdichte, aber auch um Bibliotheksnutzer, Festivalbesucher und Umsätze der Kulturwirtschaft. Schaut man sich die 44-seitige Studie genauer an, findet man heraus, dass München bei der Kulturproduktion zwar hinterherhinkt, bei der Kulturrezeption, der zweiten Säule der Auswertung, aber einsame Spitze ist. Mit wachsendem Abstand. Aha, denkt der Münchner, ein bisserl versöhnt: Mia san mia! Wir geben unser Geld halt gern für die schönen Dinge des Lebens aus, beim Verprassen sind wir groß.

Damit das Rezeptionsverhalten so bleibt, betrachten Sie diesen Vorschlaghammer als Motivationsschub. Schluss mit Herumlümmeln und Isardümpeln, husch, husch, rein ins Kulturleben! Die Studie kommt ja einigermaßen passend, schrammt gerade so vorbei am künstlerischen Nichts aka Sommerloch. Nun, da die Musen beziehungsweise Veranstalter wieder erwachen, bieten sich verlockende Rezeptionsförderprogramme an. Also, zeigen Sie den Forschungsinstituten, was München drauf hat! Gehen Sie mal wieder ins Theater, ins neue Hoch X zum Beispiel, ehemals I-Camp in der Au. Am Sonntag, 18. September, von 15 Uhr an gibt's Gratis-Einblicke hinter die frischen Kulissen. Mit zwei Premieren eröffnet wenig später auch das Residenztheater die neue Spielzeit, Schillers "Räuber" und Sartres "Schmutzige Hände" stehen auf dem Programm (23. und 24. September). Und dann natürlich die Museen, tauchen Sie ein in die Kunsthallen und Sammlungen, die unsere Stadt so reizvoll machen. Ein Festival des Blickfangs ist die Ausstellung Shoot! Shoot! Shoot! im Stadtmuseum, die etwa 200 Fotografien aus Musik, Mode, Kunst und Film aus den Sechziger- und Siebzigerjahren zeigt, darunter Werke von Helmut Newton und Annie Leibovitz (16. September bis 15. Januar). Ins Kino sollten Sie ebenfalls gehen, da gibt es von diesem Donnerstag an die vorzügliche Literaturverfilmung Tschick zu sehen, ein Roadmovie nicht nur für pubertierende Außenseiter, sondern für alle, die noch abenteuerlustig sind. Ergänzend dazu können Sie das malerische Werk von Wolfgang Herrndorf erkunden, die Ausstellung Zitate läuft noch bis 25. September im Literaturhaus. Ein neues Pop-Festival steht auch an: Die Manic Street Parade bringt knirschende Elektro- und Pop-Acts aus aller Welt in die Clubs des Schlachthofviertels (8. Oktober). Da haben Hunderte Platz - ideal für die nächste Bilanz. Nimm das, Stuttgart!

© SZ vom 16.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: