Vorschlag-Hammer:Nicht mit jedem

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Wenn ich mir den Konzert-Kalender für Ende Juni und Anfang Juli so anschaue: lauter gute Interview-Bekanntschaften von mir, die sich an mich kaum mehr erinnern dürften

Von Michael Zirnstein

Es ist nicht immer leicht mit uns Reportern vulgo "Presse-Fuzzis". Gerade nicht für Public-Relations-Manager alias "PR-Tanten". Diese Verführungskünstlerinnen des Kulturbetriebes laden unermüdlich zu Interviews mit Künstlern ein und verzweifeln, wenn wir ihnen dies abschlagen. Unter fadenscheinigen Gründen. Die Standardabsage "Leider gerade zu viel zu tun" bedeutet eigentlich: "Ich weiß wirklich nicht, was ich mit Oonagh der Elfenqueen zu besprechen hätte." Manchmal ist das aber anders, da gehe ich dann den PR-Menschen auf den Geist, um mit jemandem zu sprechen. Gerade zum Beispiel habe ich mit Alfred Biolek telefoniert, 80 Jahre alt und unvorstellbarerweise im Ruhestand. Obwohl es ein schönes Vorwort von ihm im Szenen-Buch "Monty Python's Fliegender Zirkus" gibt, wollte ich es von ihm persönlich hören: Wie er als Unterhaltungs-Chef der Bavaria die britischen Comedy-Revoluzzer 1970 nach Bayern holte und mit ihnen zwei Folgen ihrer Show drehte, deren Wahnsinn selbst dann noch irre komisch ist, wenn er als Musical inszeniert wird ( Spamalot, 24. Juni bis 12. Juli, Deutsches Theater). Und er erzählte, mit viel "hmm" und diesem tollen "r". Darum macht man das ja.

Als ich vor etlichen Jahren Klaus Eberhartinger am Telefon hatte, dieses kernig-theatralische Oberösterreichisch vernahm und merkte, dass ich die Stimme, die ich von "Ba-Ba-Banküberfall" und anderen Kindheits-Hits kannte, mit meinen Fragen steuern konnte, war das so etwas wie eine Erleuchtung in Sachen Interview. Eberhartinger trifft heuer mit seiner Ersten Allgemeinen Verunsicherung beim Tollwood-Konzert auf Wolfgang Ambros - auch er einer meiner ersten interviewten Heroen (28. Juni). So auch Mark Knopfler (meine zwei ersten Konzerte in München waren die Dire Straits 1991 in der Olympiahalle und 1992 im Olympiastadion), den durfte ich dann als junger Kulturschreiber in Hamburg fragen, ob er seine Gitarrenhände versichert habe wie Jennifer Lopez ihren Hintern. Hatte er nicht. Bald darauf brach er sie sich bei einem Motorrad-Unfall, ist aber wieder fingerfertig wie eh und je (11. Juli, Olympiahalle).

Wenn ich mir den Konzert-Kalender für Ende Juni und Anfang Juli so anschaue: lauter gute Stunden-Bekanntschaften von mir, die sich an mich kaum mehr erinnern dürften. Hubert von Goisern am Königsplatz (26. Juni). Die Hooters im Ampere (30. Juni), für die ich 1996 einmal nach Stuttgart fuhr (mein einziger Besuch in dieser Stadt). Peter Kraus erzählte mir von seinem Rücktritt, jetzt spielt er in Garching (3. Juli). Der nachdenkliche Schlager-Punk Dieter Thomas Kuhn, den ich neulich in Salzburg fragte, ob er jemals einen Helene-Fischer-Song nachspielen würde: "Frühestens in 20 Jahren", also Gott sei Dank nicht beim Tollwood-Auftritt (27. Juni). Hans-Jürgen Buchner von Haindling und ich tauschten mal Reise-Erinnerungen aus - wir waren beide zur selben Zeit das erste Mal in China, beide in Kanton, ohne uns dort zu sehen (5. Juli). Jennifer Rostock war ziemlich frech (4. Juli). Und Joan Baez erzählte mir vom täglichen Meditieren in ihrem Baumhaus (11. Juli). Für diese Woche stehen übrigens Gespräche mit Roisin Murphy von Molokko (9. Juli, Tollwood) und Mod-Gott Paul Weller (4. Juli, Technikum) im Plan. Für Elfen-Prinzessinnen bleibt da leider keine Zeit.

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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