Vorschlag-Hammer:Mischmaschmeister

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Schreibende Köche, rappende Schauspieler: Ist Spezialisierung out und Selbstüberschätzung in, oder will einfach jeder alles ausprobieren, um nur ja nichts zu verpassen?

Von Bernhard Blöchl

Ein Koch schreibt delikate Romane, Bart Simpson berichtet aus dem Krematorium, ein Rapper übt sich als Schauspieler, und was war noch? Ach ja, ein Singer-Songwriter bekommt den Literaturnobelpreis. Hat das nun alles mit dem Mashup der Kultur zu tun, diesem stilvollen Mischmasch, oder leben wir in einem Zeitalter der Universalgenies? Ist Spezialisierung out und Selbstüberschätzung in, oder will einfach jeder alles ausprobieren, um nur ja nichts zu verpassen?

Aber der Reihe nach, mein Kopf raucht ohnehin schon angesichts der herbstlichen Kulturflut, durch die wir derzeit kraulen dürfen. Neulich also war ich auf der Lesung eines Kochs. Stevan Paul, Wahlhamburger aus Ravensburg, hat irgendwann die Küchenbretter gegen die Tastatur eingetauscht, und nun schreibt er. Magazinartikel, Kochbücher und seit kurzem auch Romane. Der große Glander, den Paul bei Literatur Moths vorstellte, ist ein süffiges Unterhaltungsstück über die Kunst und das Kochen, Kochen als Kunst, sehr zu empfehlen. Auf dem Lesetisch lag Stevan Pauls Camping- neben seinem Craft-Beer-Kochbuch neben seinem Roman. Dazu gab es, wie immer in dieser geschmackvollen Buchhandlung, Snacks und Wein und Wohlfühl-Atmosphäre (probieren Sie's aus, nächster Termin: Sibylle Lewitscharoff liest aus "Das Pfingstwunder", 27. Oktober).

Das Vermischen der Genres, das Verwischen der Grenzen, darin ist auch das Volkstheater versiert (musikalische Lesung mit Max Bronski, 25. Oktober), das frisch renovierte Heppel & Ettlich (neu hier: die Kurzfilm-Lesereihe Videolyrix mit Curry Fiasko, 17. November), das Literaturhaus sowieso. Unlängst gab es die Kino-Preview von "Tschick" im City, organisiert vom Literaturhaus wohlgemerkt, wo damals noch die Wolfgang-Herrndorf-Ausstellung zu sehen war - mit Bildern des viel zu früh gestorbenen Universalkünstlers. Und an diesem Donnerstag, 20. Oktober, kann man in der Literaturhaus-Bibliothek Mischmaschmeisterliches erleben, soll heißen: Lesung, Live-Musik, bewegte Bilder und Szenen aus dem Youtube-Kanal von Caitlin Doughty, um die es an diesem Abend geht. Fragen Sie Ihren Bestatter. Lektionen aus dem Krematorium heißt das verblüffende Buch der schreibenden Bestatterin, aus dem die Münchner Synchronsprecherin Sandra Schwittau (Hillary Swank, Bart Simpson) vorlesen wird, dazwischen musiziert die Funeral-Band, und ein Beamer projiziert Szenen der ausgezeichneten Bestatter-Serie "Six Feet Under" an die Wand.

Mein Lieblingstipp ist auch ein Mischling: Rock im Kino nämlich. Oasis: Supersonic heißt das dokumentarfilmische Denkmal für die begnadetsten Rotzlöffel der Britpop-Geschichte (27. Oktober, City). Apropos Musik, einer fehlt noch, der multitalentierte Hip-Hopper, von dem eingangs die Rede war. Eko Fresh, so nennt er sich, hat sich kürzlich in der Comedy-Serie "Blockbustaz" versucht. An diesem Mittwoch kann man ihm bei seinem Kerngeschäft zuschauen, da rappt er im Backstage. Und Dylan, den mag ich freilich auch. Endlich mal ein Literaturnobelpreisträger, von dem man schon "gehört" hat.

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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