Vorschlag-Hammer:Kein Ende

Beim Geigen sind die Anfänge für alle Beteiligten kein Zuckerschlecken. Im Gegensatz zum Violoncello, das schon durch seine tiefen Töne beruhigt, kann das Gequietsche und Gezirpe echt nerven wegen der ständig zu korrigierenden falschen Töne

Von Harald Eggebrecht

Zugegeben, ein Instrument zu lernen ist nicht einfach, ganz gleich welcher Art es ist. Beim Geigen sind die Anfänge für alle Beteiligten kein Zuckerschlecken. Im Gegensatz zum Violoncello, das schon durch seine tiefen Töne beruhigt, kann das Gequietsche und Gezirpe echt nerven wegen der ständig zu korrigierenden falschen Töne. Auch Blockflöte-Blasen kann Eltern trotz guten Willens zur Verzweiflung treiben. Da wirkt etwa Hornklang schon ganz anders und weckt Hoffnungen.

Immerhin sind beim Klavier die Töne schon da, man muss nicht so im Nichts stochern wie auf Streichinstrumenten. Aber das Holpern und Stolpern über die Tastatur, die Abwesenheit von Anschlagsvarianten, auch die Qual immerwährender Taktwiederholungen und das Geläufigkeitstraining können die Geduld selbst der Wohlwollenden auf eine harte Probe stellen. Und wenn der Jungpianist weiter fortgeschritten ist, sogar über Mozarts nur vermeintlich einfache Sonata facile hinaus, folgt die mühsame Aneignung der bedeutenden Literatur. Wer dann als Unbeteiligter in der eigenen Wohnung etwa dreißigmal und mehr den Anfang von Beethovens "Appassionata" durch die Decke miterlebt, muss schon Langmut und ein grundsätzliches Faible für Musik aller Art mitbringen, um nicht mit gehisster weißer Fahne an der Tür des angehenden Klavierspielers um Gnade zu flehen. In Erinnerung bleibt da allerdings der markante und unerbittliche Satz der Mutter: "Üben hilft."

Einst wurde der grandiose Klaviermeister Rudolf Serkin im Interview gefragt, wie er es denn als ausgewiesener Könner, weltberühmter Pianist, der die Werke der Literatur über Jahrzehnte hin maßstabsetzend aufgeführt habe, mit dem Üben halte? Ob man nach einer so langen, so erfolgreichen Karriere das noch brauche? Serkin schaute das Gegenüber fassungslos an und sagte: "Aber da gibt es kein Ende!"

Wer nachprüfen will, was nun aus all solchem Training entstehen kann, sollte zu Marc-André Hamelin in den Herkulessaal gehen (22. Juni). Der Kanadier ist einer der neugierigsten unter den Weltklassepianisten und einer der großen Virtuosen unserer Zeit. Aber auch der junge William Youn bietet hochklassiges Klavierspiel im Nymphenburger Hubertussaal (21. Juni).

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