Vorschlag-Hammer:Ins Kino mit dem Residenztheater

Das Filmfest ist für mich ganz aufregend, weil ich da sehr selten hinkomme, da es sich mit den Opernfestspielen zeitlich zu hundert Prozent überschneidet und ich halt meistens dann doch dort hingehe, wo's tönt. In dem Film, den ich dann sah, spielten allerdings gleich vier Resi-Schauspieler mit

Kolumne Von Egbert Tholl

Neulich war ich beim Filmfest. Das ist für mich ganz aufregend, weil ich da sehr selten hinkomme, da sich Filmfest und Opernfestspiele zeitlich traditionsgemäß hundertprozentig überschneiden und ich halt meistens dann doch dort hingehe, wo's tönt. Andererseits findet im Juli in München, im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern, immer noch Theater statt, und in dieser Hinsicht erwies sich der Besuch des Filmfests als interessante Synthese, denn auf der Leinwand, viel größer also, als sie auf der Bühne rein physisch je sein können, erschienen vier Schauspieler des Residenztheaters.

Der Film heißt "Sieben Stunden" und wird im Herbst im Ersten an einem Filmmittwoch ausgestrahlt werden. Gedreht hat ihn Christian Görlitz, nach realen Ereignissen. Ich will jetzt gar nicht so sehr auf die Arbeit von Görlitz eingehen, glaube aber, dass die Tatsache, dass sich sein Film sehr eng an den Erlebnissen von Susanne Preusker entlang bewegt, dessen Eigenständigkeit als Kunstwerk nicht unbedingt gut getan hat.

Wie auch immer, es geht hier um die Schauspieler. In dem Film wird eine Psychotherapeutin, die eine sozialtherapeutische Station in einem Hochsicherheitsgefängnis aufgebaut hat, von einem Häftling, einem Sexualstraftäter, als Geisel genommen und sieben Stunden lang in ihrem Büro vergewaltigt. Draußen schätzt ihr Kollege die Situation völlig falsch ein, das SEK (dessen Leiter spielt Rainer Haustein) wartet tatenlos. Vor allem aber erzählt der Film von der Zeit danach, von den psychischen Folgen der Tat, von der Ehe der Therapeutin, von Rachegedanken und schwersten Traumata.

Den zu arglosen Kollegen spielt Norman Hacker, der am Residenztheater etwa als Richard III. agiert, nun aber zögern und zaudern muss. Den Ehemann spielt Thomas Loibl anrührend, hilflos, verzweifelt, den Täter Til Firit, der am Resi etwa Noras Ehemann im "Puppenheim" oder, auch Ibsen, im "Volksfeind" mitspielt. Alle zeigen Facetten, die man von ihnen von der Bühne her nicht kennt. Und dann ist da Bibiana Beglau. Sie ist die Therapeutin, das Opfer, als wundes, leidendes Menschentier. Anfangs ist sie fast unscheinbar, nach der Tat nervenzerreißend. Klar, das ist ihr Element, so kennt man sie auch von der Bühne, aber nicht filmleinwandgroß. Das ist dann doch ein Ereignis, das einige Ungereimtheiten vergessen lässt.

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