Vorschlag-Hammer:Hört, hört

Zwei Mal durfte ich mit Musikern der Münchner Philharmoniker zusammen auftreten. Dabei habe ich etwas Wichtiges gelernt

Von Egbert Tholl

Vor zwei Wochen habe ich etwas gelernt. Da durfte ich zwei Mal mit fünf Musikern der Münchner Philharmoniker zusammen auftreten, die fünf spielten hinreißend Musik, ich versuchte, ein paar Sätze von Edgar Allan Poe zu lesen. Das fand einmal im Schwere Reiter statt, einmal im großen Saal des Künstlerhauses am Lenbachplatz. Gelernt habe ich dabei sehr viel, davon will ich einen Aspekt berichten. Spricht man mit Musikern über die Säle, in denen sie spielen, bevorzugt natürlich bei Tourneen, weil es da besonders viel über die Säle zu sprechen gibt, weil die halt anders sind als die daheim gewohnten, dann fallen oft Sätze wie: "Wir hören uns auf dem Podium gegenseitig gar nicht." Oder: "Wir haben überhaupt kein Gefühl dafür, wie es draußen klingt."

Lange Zeit habe ich mir bei solchen Sätzen gedacht: Ja nu, du wirst doch hören, was der neben dir spielt. Und wie. Und überhaupt. Und wenn man selbst toll spielt, dann kann man sich doch denken, dass beim Publikum etwas Tolles ankommt. Weit gefehlt. Im Schwere Reiter war es fabelhaft aufzutreten, ich hörte die fünf Musiker ganz plastisch neben mir, konnte mich an jeder beliebigen Stimme orientieren und hatte ein sehr konkretes Gefühl davon, wie das, was ich sagte, zu hören ist.

Im Künstlerhaus hörte ich die Harfe, meine Hauptbezugsstimme, praktisch gar nicht, die vier Streicher rückten zu einem kompakten Irgendwas zusammen, sie hörten sich selbst übrigens auch schlecht, und alle miteinander hatten wir das Gefühl, etwas in einen dunklen Raum hineinzumurmeln, ohne zu wissen, wie da draußen irgendjemand irgendetwas hören kann. Doch danach sagten uns Zuhörer, dass alles vollkommen in Ordnung und präsent und überhaupt natürlich ganz großartig gewesen sei. Nur: Das Spielen selbst war im Schwere Reiter viel besser gewesen. Man konnte viel mehr wagen, hatte viel mehr Sicherheit.

Nie mehr werde ich fürderhin mich wundern, wenn sich Musiker über diese Aspekte der Aufführungsbedingungen beschweren. Die Unterschiede sind verblüffend. Und auch deshalb muss ich schauen, dass ich möglichst bald wieder ins Schwere Reiter komme. Der aktuelle Block mit Konzerten zeitgenössischer Musik währt noch bis zum 5. März. Jedes Einzelne davon ist eine Entdeckung. Nicht nur klanglich.

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