Vorschlag-Hammer:Freiheit aus Hinterhöfen

Mitunter reicht ein einzelner Film, um eine Ahnung von dem Ausnahmestatus eines Regisseurs zu vermitteln. Antonio Pietrangelis bekanntester Film "Io la conoscevo ben / Ich habe sie gut gekannt" läuft im Beiprogramm zur großen Antonioni-Reihe im Werkstattkino

Von Fritz Göttler

Manchmal möchte man einfach seinen Impulsen nachgeben, alles stehen und liegen lassen und nach Wien fahren, weil dort im Filmmuseum eine Reihe läuft mit Filmen, die es sonst nicht wieder so schnell zu sehen geben wird. Zuletzt war das vor ein paar Wochen, als Christian Petzold nicht nur seine Filme vorstellte, sondern auch jene Filme, die ihn beeinflusst haben und die immer auch drinstecken in den eigenen Filmen. Ähnlich war es im Januar 2013 zum Beispiel, als in Wien die Filme von Antonio Pietrangeli gezeigt, dem bei uns kaum bekannten italienischen Filmemacher, der von 1919 bis 1968 lebte, bei Viscontis "La terra trema" am Drehbuch mitarbeitete und 1953 selbst Filme zu machen anfing. Seinen bekanntesten Film zeigt nun am Freitag das Werkstattkino, im Beiprogramm zur großen Antonioni-Reihe - Io la conoscevo ben/Ich habe sie gut gekannt. Das ist ein Satz, den eine Reihe von Männern sagen können von Adriana, die verkörpert wird von der unglaublich schönen und vitalen Stefania Sandrelli, Männer wie Jean-Claude Brialy, Nino Manfredi, Enrico Maria Salerno, Robert Hoffmann und Mario Adorf, der einen jungen Boxer spielt, mit einer umwerfenden Zärtlichkeit und Zartheit. Der Neorealismus steigt in diesem Film aus den Hinterhöfen hinauf in eine neue Freiheit, einmal sitzt Adriana auf dem Fensterbord bei einem Schriftsteller und spielt mit einem Tischventilator, und hinter ihr gibt es einen Blick über die Dächer von Rom, der einen völlig atemlos macht. Den Schriftsteller spielt, etwas bemüht, aber dennoch cool, Joachim Fuchsberger.

Einen schönen Zusammenschluss zwischen Kino und Malerei gibt es im Instituto Cervantes, dort wird am Dienstag Belle Époque, 1992, von Fernando Trueba, gezeigt, anlässlich der Ausstellung von Joaquín Sorolla in der Kunsthalle - ein Lust- und Farbenrausch auf dem politischen Hintergrund der Dreißigerjahre. Den Zusammenschluss zwischen Kino und Musik zeigt wieder einmal die Aufführung von Walter Ruttmanns Berlin - Die Sinfonie der Großstadt, noch einmal am Freitag im Deutschen Theater, beim Dok-Fest - eine neue Musik von Tobias PM Schneid, gespielt vom Münchner Kammerorchester.

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