Vorschlag-Hammer:Die Wirtshaus-Renaissance

In ganz Bayern klagt man über den Niedergang der Wirtshäuser - in München dagegen findet man sie immer häufiger

Von Franz Kotteder

Manchmal ist in der Stadt halt doch alles ganz anders als draußen auf dem Land. In ganz Bayern klagt man zum Beispiel über den Niedergang der Dorfwirtshäuser. Was heißt Niedergang: Es gibt sie praktisch in weiten Teilen des Landes gar nicht mehr, weil sie sich nicht mehr rentieren. Die alten Stammtischbrüder sterben nach und nach weg, und die Jugend ist viel mobiler als früher und fährt lieber in die Stadt, wenn sie ihren Spaß haben will.

Dort trifft sie allerdings inzwischen immer häufiger auf bayerische Wirtshäuser. Sei es auf der Einfallschneise von der Stuttgarter Autobahn, wo an der Verdistraße 125 aus einem etwas merkwürdigen Event-Lokal inzwischen das urbayerische Hofbräu Obermenzing geworden ist, sei es in der Hauptbahnhofgegend, wo sich nach dem Rechthaler Hof (Arnulfstraße 10) auf der Nordseite, in dem sich seit Umbau und Wiedereröffnung im März sehr jugendliches Bayern-Volk trifft, nun auch im Süden bayerische Wirtshauskultur etabliert. Eigentlich ist hier an der Bayerstraße ja eher die Domäne von Döner, Falafel und Fastfood. Oder gleich die von Nachtclubs und Striplokalen, in denen es eher wenig zu essen, dafür aber teure Getränke gibt. Nun aber haben Kathrin Wickenhäuser und Alexander Egger in der Bayerstraße 35-37 die Münchner Stubn aufgemacht. Die beiden sind von Haus aus eher Hoteliers und betreiben nicht weit von den Stubn das Hotel Cristal und das Hotel Dolomit. Weil ihnen die Wirtshauskultur am Herzen liegt, wie sie sagen, gibt es in ihrem neuen Bierlokal Platz für 300 Gäste und (Paulaner-)Bier vom Holzfass, das man sich mittels eingebautem Lastenzug sogar an den Tisch bringen lassen kann, sowie eine ansehnliche, bayerische Speisekarte.

Ein bisschen Event-Schnickschnack ist in den Münchner Stubn auch dabei, aber das braucht es wohl, wenn man auffallen will. Insbesondere, weil inzwischen auch die sogenannten Szene-Gastronomen ihre Liebe zum Wirtshaus entdeckt haben. Constantin Wahl (Pacha) fing an mit seinem Tegernseer Tal-Bräuhaus, Stefan Alof (Jessas, Maria, Josef, Zur Gruam) plant weiter unverdrossen eine Wirtschaft an der Nordseite der Theresienwiese, und zwei weitere Macher des Nachtlebens haben in Schwabing Großes vor, was man noch nicht verraten soll. Es wird aber, so viel ist jetzt schon klar, ein bayerisches Wirtshaus.

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