Vorschlag-Hammer:Die Kunst, zu konservieren

In der Pinakothek der Moderne tagen derzeit Leute über den sachgerechten Erhalt von Werken. Warum nur fällt mir da Beuys' Fettecke ein?

Von Susanne Hermanski

Es gibt Reflexe, gegen die kann sich der Mensch schwer wehren. Ich zum Beispiel hätte an dieser Stelle viel lieber eine originellere Assoziation parat. Doch das erste, was mir einfällt, wenn ich lese, in der Pinakothek der Moderne tagen derzeit Leute über den sachgerechten Erhalt von Moderner Kunst, ist - ja, genau, Joseph Beuys' Fettecke. Bis zur Frage "Ist das Kunst, oder kann das weg", schaffte es der Pedell der Kunstakademie Düsseldorf 1986 gar nicht. So schnell hatte er die Beuys Butterplastik in seinem Kehrichteimer versenkt. 200 Fachleute aus 21 Ländern sind zu der Tagung angereist, die Konservatoren der "Neuen Sammlung - The Design Museum" haben sie organisiert. Und dank Beuys' erweitertem Kunstbegriff haben die Frauen und Männer nun viel zu tun, um die Moderne für nachfolgende Generationen zu bewahren. Natürlich geht es dabei nicht immer um olfaktorisch wahrnehmbare Vergänglichkeitssymptome wie Butter an der Wand oder Haie, die in Formaldehyd eingelegt sind. Bei denen muss nur hin und wieder ein wenig Formalin nachgegossen werden. Fordernd ist das Thema eher in geruchsneutralen Bereichen.

Bei der Videokunst zum Beispiel. Hält der Konservator da am ursprünglichen Trägermedium fest, braucht er flott mal eine ganze Halle für all die Rekorder mit Extraplatz für das Ersatzteillager. Mit Ölfarben haben die Kollegen Restauratoren der Alten Meister Erfahrung, aber was, wenn eine alte Kunststoff-Sorte ihre Farbe verliert oder spröde wird? Wie bessert man Fiberglas-Oberflächen oder Polyurethanschaum aus? Und was ist mit Werkstoffen, die heute noch hui sind und morgen als das neue Asbest auffliegen? Die Keynote-Vorträge auf der Tagung sind bei freiem Eintritt für jedermann offen. Den letzten an diesem Freitag, von 15.30 bis 16.30 Uhr, hält die Münchner Materialberaterin Efrat Friedland. Sie hat weltweit schon drei Materialbibliotheken aufgebaut. In denen stehen tausende Materialmuster statt Bücher, und die Daten über deren Charakteristiken und Anwendungsmöglichkeiten gibt es digital noch dazu.

Wer sich jetzt weder ein Werk von Damien Hirst noch etwas anderes Kompliziertes für sein Wohnzimmer zulegen möchte, dem seien drei einfache Tipps gegeben: Bis 5. November ist im Saal 21 der Pinakothek der Moderne noch eine interaktive Hommage an Joseph Beuys und seine Honigpumpe am Arbeitsplatz zu sehen, die in Kooperation mit der Otto Falckenberg Schule entstand. Mitte November beginnt im Lenbachhaus eine Ausstellung, für die Lothar Schirmer seinen Sammlungsschatz öffnet und Joseph Beuys. Einwandfreie Bilder 1945 - 1984. Handzeichnungen und Drucksachen zeigt. Unbedingt sehenswert ist auch Andres Veiels virtuoser Dokumentarfilm "Beuys". Der lässt sich auch auf iTunes abspielen. Nur, falls Sie nach Zeile sechs dieser kleinen Kolumne schon reflexhaft ihren DVD-Player an die Neue Sammlung gespendet haben sollten.

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