Vorschlag-Hammer:Burn it VIII

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Unsere Handwerker- und Bauarbeitervorfahren haben diese Herrlichkeiten gebaut. Deswegen gehören die Schlösser und Gärten letztlich uns. Nichts schöner also, als in der Würzburger Residenz dem unvergleichlich gemalten Himmel Giambattista Tiepolos Stufe für Stufe entgegenzusteigen

Von Harald Eggebrecht

Wer baute das siebentorige Theben?", lässt Bertolt Brecht seinen "lesenden Arbeiter" fragen. Gewiss nicht Könige, Fürsten und andere Herrscher, die sich Lustschlösser und Sommerresidenzen errichten ließen, Jagdschlösschen ebenso wie Landhäuser. Außerdem ließen sie ihre Stammsitze erweitern und gewaltige Parks anlegen. Die Frage lässt sich auch aus der Gegenwart beantworten: Natürlich haben "wir" diese Herrlichkeiten gebaut, das heißt, unsere Handwerker- und Bauarbeitervorfahren. Deswegen gehören diese Schlösser und Gärten letztlich uns. Nichts schöner also, als in der Würzburger Residenz im grandiosen Treppenhaus von Balthasar Neumann dem unvergleichlich gemalten Himmel Giambattista Tiepolos Stufe für Stufe entgegenzusteigen. Nichts angenehmer, als im Sommer vor und in Schloss Nymphenburg zu lustwandeln, nichts vergnüglicher, als im Rokokoschlösschen Leitheim Kammermusik zu hören wie einst die Fürsten.

Selbstverständlich sind nicht alle Säle in diesen herrscherlichen Bauten akustisch gleichermaßen ideal für Musik wie etwa Leitheim. Dennoch ist es erfreulich, diese Räume im wahrsten Sinne des Wortes zu bespielen, denn die Pracht der Räume, ihre je individuelle Gestalt, die Besonderheit der Park- und Gartenumgebung oder innerstädtisch des Residenzbereiches animieren und, man könnte fast sagen, erheben die Zuhörer. Man ist gewissermaßen sofort festlich gestimmt in solchem Ambiente, und auch die Musiker empfinden die Andersartigkeit gegenüber "normalen" Konzertstätten als inspirierend. Wer zum Beispiel je im Saal von Schloss Dachau war, weiß, dass er mit seiner eindrucksvollen Renaissance-Kassettendecke ein geradezu idealer Kammermusiksaal ist, weil weder Solisten noch Kammerensembles hier forcieren müssen. Der Klang entfaltet sich mühelos und ist bis in die hintersten Reihen präsent und durchgebildet. Ganz anders liegt der Fall in Schleißheim, dessen Festsaal zwar ein imposantes Barockraumwunder ist, aber durch seine gewaltige Höhe und seine zum Treppenhaus hin offenen Durchgänge akustisch von Nachhallverwehungen ebenso betroffen ist wie von einer gewissen Ortlosigkeit der Musik. Seitdem der Steinfußboden etwas abgedeckt wurde, hat sich das gebessert. Trotzdem lieben es manche Musiker, etwa die große Geigerin Midori, in diesem edlen Raum aufzutreten.

Wie dem auch sei: Am Sonntag (28. Juni) werden die Opernfestspiele mit Debussys immer verzaubernden Pelléas et Mélisande eröffnet. Wer dafür keine Karten hat, amüsiert sich einfach bei Bobby McFerrin und Chick Corea in der Philharmonie. Am nächsten Donnerstag (2. Juni) spielt die fabelhafte Isabelle Faust mit dem Münchner Kammerorchester Beethovens Violinkonzert im Prinzregententheater. Da muss man hin.

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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