Vorschlag-Hammer:Auf dem Weg zum Oscar

"Aus dem Nichts" geht für Deutschland ins Rennen um eine Nominierung für den Oscar in der Kategorie "Bester nicht englischsprachiger Film", das wurde vor Kurzem bekanntgegeben. Das kam zwar in etwa so überraschend wie der Absturz von SPD und Union am Wahlsonntag - insgeheim hatte jeder damit gerechnet. Von wegen also aus dem Nichts

Von Josef Grübl

Aus dem Nichts kommt selten etwas, höchstens mal ein Film. Diese Erfahrung macht man selbst als durchschnittlich kulturinteressierter Münchner regelmäßig, womit ich jetzt nicht die nervigen Absperrungen vor der eigenen Haustür meine. Dreharbeiten gehören zu einer Filmstadt wie München einfach dazu, auch wenn man von den künftigen Meisterwerken später nie mehr etwas hört. Nein, die Sache mit dem Nichts ist durchaus wörtlich zu nehmen, deshalb setze ich sie besser in Anführungszeichen: "Aus dem Nichts" geht für Deutschland ins Rennen um eine Nominierung für den Oscar in der Kategorie "Bester nicht englischsprachiger Film", das wurde vor Kurzem bekanntgegeben, natürlich in dieser schönen Filmstadt. Das kam zwar in etwa so überraschend wie der Absturz von SPD und Union am Wahlsonntag - insgeheim hatte jeder damit gerechnet. Von wegen also aus dem Nichts.

Dafür war wenigstens der Regisseur des Films anwesend, so oft ist Fatih Akin ja auch nicht in München. Nach der offiziellen Verkündung habe ich mich mit dem gebürtigen Hamburger über seinen Rachethriller mit Diane Kruger in der Hauptrolle unterhalten. Ich habe ihn auch nach seiner Oscar-Strategie gefragt, einen Plan scheint er aber noch nicht zu haben. Er erzählte mir mehr von seinen Sorgen, dass er wegen der Oscar-Verpflichtungen keine Zeit mehr für die Vorbereitung seines nächsten Films habe. Aber ein bisschen dauert es ja noch bis zur Verleihung am 4. März 2018. Außerdem gehen jedes Jahr zwischen achtzig und neunzig Filme ins Rennen um diesen Oscar, da wird vorher ohnehin noch kräftig ausgesiebt.

"Aus dem Nichts" startet erst im November in den deutschen Kinos, einige seiner größten Oscar-Konkurrenten kann man aber schon jetzt sehen. Eine fantastische Frau - Una mujer fantastica aus Chile etwa, eine sehr bewegende Trauergeschichte, die mich ebenso beeindruckt hat wie der ungarische Liebesfilm aus dem Schlachthaus, Körper und Seele. Auch Die göttliche Ordnung läuft noch in den Kinos, der Schweizer Beitrag erzählt von Frauen, die wählen wollen. Eine ebenfalls gute Wahl. Die wahren Kracher kommen aber erst im Oktober: Der schwedische Palmen-Gewinner The Square ist eine rabenschwarze Satire über den modernen Kunstmarkt; auch Michael Hanekes Familiengeschichte Happy End (die in Frankreich gedreht wurde, aber für Österreich ins Rennen geht) sollten Sie sich nicht entgehen lassen. Ob Tom of Finland da mithalten kann? Gegen die genannten Hochkaräter könnte es der finnische Oscar-Kandidat schwer haben, sehenswert ist das Biopic über die schwule Künstler-Ikone trotzdem. Denn egal, wer am Ende gewinnt: Sie dürfen sich auf aufregende Abende im Kino freuen.

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