Vom Jazz zum Rap:Aus Liebe zum Blech

Ritter Rost

60 Musiker und eine Registrierkasse auf zwei Beinen: Ritter Rost hat eine erstaunliche Kariere hinter sich. Dass er jetzt mit großem Orchester auftreten darf, dürfte ihm schmeicheln.

(Foto: Mark Noormann / Münchner Rundfunkorchester)

Das Münchner Rundfunkorchester führt "Ritter Rost auf Schatzsuche" im Circus Krone auf. Felix Janosa arrangierte dafür seine eigene Musik neu - und singt den Drachen Koks

Von Barbara Hordych

Ritter Rost und sein Burgfräulein Bö, wohnhaft auf der eisernen Burg, führen eine ziemlich explosive Beziehung, in der der immer mächtig von sich eingenommene Eisenheinz bei seiner forschen Lebensgefährtin durch die harte Schule des Feminismus geht: "Ich bin die tapfere Burgfrau Bö. / Ich habe Kraft, ich habe den Mut / ich kann, was der Ritter kann, nur dreimal so gut . . .", schmettert sie so lieblich wie lauthals. Kinder haben die beiden keine, obwohl der angeberische Blechritter mit Registrierkassenoberkörper und die patente junge Frau mit dem ständig quasselnden Hut seit nunmehr 22 Jahren und fünfzehn (!) Kinderbuchmusicals zusammenwohnen. Doch da ist der näselnde Drache Koks, so etwas wie ein Kinder-Ersatz in der überaus unkitschigen Märchenwelt "tief im Fabelwesenwald". In dem die drei Hauptfiguren, satirisch überdreht, modernes Familienleben widerspiegeln.

Sicher, der besondere Charme der Bücher liegt zum einen an den herrlich verschrobenen Figuren und Erzählungen. Zum anderen hängt die anhaltende Ritter-Rost-Faszination aber mit der Musik zusammen, die jedem Buch mit Noten, Texten und in Form einer CD beigelegt ist. Und für die ist von Anfang an der Musikkabarettist Felix Janosa zuständig. Sie stellt so etwas wie eine Rettung für viele hörspielgeplagte Eltern dar, die kein "Törööö", keine Schlumpf- und keine "Conni mit der Schleife im Haar"-Lieder mehr hören mochten. Denn Janosa, Jahrgang 1962, der an der Folkwang-Hochschule in Essen Schulmusik und Komposition studiert hat, beherrscht das Spiel mit musikalischen Versatzstücken virtuos. Da werden wie in "Ritter Rost wird Filmstar" Hollywood-Filmmusiken zitiert, kitschige Musical-Songs parodiert und ein Fitnesstraining im Hip-Hop-Stil arrangiert. Oder wie im jüngsten Band "Ritter Rost auf Schatzsuche" eine Hommage an schwarze Musiker wie Stevie Wonder, Jimi Hendrix und Herbie Hancock untergebracht. Janosa traut seinen Zuhörern einiges zu - dissonante Akkorde und Jazzkadenzen inklusive, und transponiert ein Lied auch durch vier Tonarten. Der ironische Mix verschiedenster Musikstile reicht dabei vom Kaffeeklatsch-Flamenco der Rittersgattinnen bis hin zur Rap-Nummer von Bös sprechendem Hut.

Wissen die Kinder das zu schätzen? "Sicher nicht bewusst. Aber sie spüren, dass es eine größere stilistische Vielfalt gibt, als ihnen die einschlägigen Kinderliedermacher sonst vormachen", sagt Janosa bei einem Treffen im Café am Wiener Platz. Anlass für seinen Besuch in der Landeshauptstadt ist die Premiere des jüngsten Musicals "Ritter Rost auf Schatzsuche", das das Münchner Rundfunkorchester am 14. und 15. Juli im Circus Krone präsentiert - in einer symphonischen Besetzung mit 60 Musikern. Für dieses ambitionierte Projekt orchestrierte Janosa seine eigene Musik noch einmal neu. Was war für ihn dabei die größte Herausforderung? "Dass sich auch das Fagott nicht langweilt", sagt Janosa. Denn schließlich müsse er als Arrangeur darauf achten, dass möglichst alle sechzig Mitglieder des Symphonieorchesters beschäftigt seien. Er selbst miteingeschlossen. Denn Janosa, angestammter Interpret des Drachen Koks, wird auch wieder selbst singen, etwa "Feuerwerk in meinem Bauch, "das ist eine Jimi-Hendrix-Nummer plus Strawinsky - das ergibt dann so etwas wie ,Feuerwerk Opus 4', variiert von Koks ", erklärt er. Gibt es so etwas wie ein Geheimrezept des Duos Hilbert/Janosa? "Wir sind Fossile, wir machen Autorenlieder", sagt er. Ganz dreist seien sie davon ausgegangen, dass Kindern dasselbe gefallen könne wie Erwachsenen. "Wir wollten etwas machen, was wir selber witzig finden".

Ein Konzept, das ihnen Eltern bis heute danken. Die bei langen Autofahrten gemeinsam mit ihren Kindern begeistert mitgrölen: Beispielsweise beim Song "Auf nach China": "Kleine Menschen, die immer höflich lächeln / keiner bricht mal so richtig Streit vom Zaun" heißt es in dem Lied, "dessentwegen uns immer wieder mal böse Briefe mit Rassismus-Vorwürfen erreichen", sagt Janosa. Eine Erfolgsgeschichte, an der auch Ralph Möllers vom Münchner Terzio Verlag mitschrieb. "Obwohl mir auf der Kinderbuchmesse in Bologna alle Kollegen davon abrieten", erinnert er sich, als er zum Gespräch dazukommt. Warum eigentlich? Die Illustrationen, der Humor und die Musik seien nicht kindgerecht, habe es geheißen, ein derartiges "Elfenbeinturm-Projekt" würde sich nie verkaufen. Das Gegenteil sollte sich bewahrheiten. Als Möllers 2012 die wesentlichen Rechte und Bestände des Terzio Verlages an den Carlsen Verlag verkaufte, erwarben die Hamburger eine der erfolgreichsten Medien-Marken für Kinder überhaupt. Nach rund 1,5 Millionen verkaufter Bücher und mehr als 600 Musical-Aufführungen pro Jahr gelang dem rostigen Held in diesem Jahr schon zum zweiten Mal der Sprung auf die Kinoleinwand.

Ritter Rost auf Schatzsuche, Freitag, 14. Juli, 10 und 12 Uhr, Samstag, 15. Juli, 14 Uhr, Circus Krone, Marsstraße 43

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