Verleihung des Friedenspreises:"Imperium mit blutigen Händen"

Für sein Aufbegehren gegen die chinesischen Machthaber ist Liao Yiwu in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. In seiner Dankesrede rechnet der Autor mit dem Regime ab - auch den Westen attackiert er scharf.

Friedenspreis an Liao Yiwu

Friedenspreisträger Liao Yiwu während seiner Dankesrede. Ein Eisengeflecht, dass die Blumendekoration umgibt, soll den den Kontrast zwischen Gefängnis und Freiheit symbolisieren.

(Foto: dpa)

Der chinesische Autor Liao Yiwu hat die Regierung in Peking bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels scharf attackiert. China sei ein "menschenverachtendes Imperium mit blutigen Händen", das nur noch vom Profitdenken zusammengehalten werde, sagte der 53-Jährige, der für sein mutiges Aufbegehren gegen die politische Unterdrückung in China mit dem renommierten Preis ausgezeichnet wurde.

Liao zeichnete in seiner auf Chinesisch gehaltenen Rede ein düsteres Bild Chinas als Staat, der seine Bürger brutal unterdrücke. "Dieses Imperium muss auseinanderbrechen", wiederholte der Schriftsteller während seiner Rede mehrfach auch auf Deutsch. "Dieser unendlich große Müllhaufen muss auseinanderbrechen."

Liao war in China Anfang der 90er Jahre wegen "Verbreitung konterrevolutionärer Propaganda" zu vier Jahren Haft verurteilt worden, unter anderem weil er in seinem Gedicht "Massaker" die brutale Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz an deren Vorabend fast prophetisch vorweggenommen hatte.

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis verfasste Liao den Reportagezyklus "Fräulein Hall und der Bauernkaiser" über Chinesen am unteren Rand der Gesellschaft. Wegen der anhaltenden Repressalien durch die Behörden reiste er schließlich aus. Seit 2011 lebt Liao mit einem Künstlerstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Berlin.

Bei der Veranstaltung in der Frankfurter Paulskirche, bei der auch Bundespräsident Joachim Gauck anwesend war, rechnete Liao ebenso mit dem Westen ab. "Unter dem Deckmantel des freien Handels machen westliche Konsortien mit den Henkern gemeinsame Sache, häufen Dreck an", sagte er. Allein ein Ende des "diktatorischen chinesischen Großreichs" bringe den Menschen in China und den unterdrückten Minderheiten im Land wie den Tibetern oder Uiguren Freiheit und Demokratie.

Unerschrocken und sprachmächtig

Der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Gottfried Honnefelder, sagte, unerschrocken und sprachmächtig habe Liao den unter Repression und Unterdrückung leidenden Menschen seines Volks zu einer Stimme verholfen. Er sei ein Volksschriftsteller im wahrsten Sinne des Worts.

Deutliche Worte fand Liao schon wenige Tage zuvor, als er sich von seinem chinesischen Landsmann und diesjährigem Literaturnobelpreisträger Mo Yan distanziere. Dieser sei ein "Staatsautor", der das kommunistische Regime vertrete, sagte der 53-Jährige am Rande der Fankfurter Buchmesse.

Liaos neuestes Werk "Die Kugel und das Opium" handelt von Gesprächen des Autors mit Überlebenden des Tiananmen-Massakers. Der Autor beendete seine Dankesrede mit einem bewegenden Klagelied im Gedenken an die Mütter, die am 4. Juni 1989 ihre Kinder verloren hatten. Die Anwesenden ehrten Liao danach mit anhaltendem, stehendem Applaus.

Der renommierte Friedenspreis ist mit 25.000 Euro dotiert, seine Verleihung bildet traditionell den Höhepunkt und Abschluss der Frankfurter Buchmesse.

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