"Vanity Fair" in Deutschland und Österreich:Teures Recycling

"Vanity Fair" druckte ohne Genehmigung Bilder des fotogenen Glamourpaares Swarovski/Grasser aus Österreich. Aber das ist eines der kleineren Probleme, mit dem das Magazin momentan zu kämpfen hat.

Wolfgang Simonitsch und Claudia Tieschky

Dass der Mann auf dem Foto nicht den Staatsdienst im Sinn hat, ist offensichtlich. Kein Hemd trägt er auf dem Leib, das edle Sakko ist lässig um die Schultern gelegt und der Blick sozusagen sinnlich. Das legere Foto des ehemaligen österreichischen Finanzministers Karl-Heinz Grasser ziert in Österreich die Ausgabe des Magazins "Vanity Fair" aus dem Hause Condé Nast und bewegt den Wiener Polit-Betrieb.

grasser swarovski vanity fair

Der Bildredakteur konnte einfach nicht anders: Bei solch knusprig-synchron gebräunten Turteltauben muss man zugreifen. Koste es, was es wolle.

(Foto: Foto: dpa)

Welchen Glamourfaktor die Magazinmacher von "Vanity Fair" dem 38-jährigen Polit-Privatier und Ehemann der Kristallerbin Fiona Swarovski zutrauten, zeigt ein Vergleich mit dem Titelbild der inhaltlich identischen deutschen Ausgabe: Auf Cover Nummer zwei des Magazins, das am 8. Februar startete, windet sich das Model Gisele Bündchen lasziv auf einem Autositz. In der Aufregung um die kaum minder feschen Grasser-Bilder fiel besonders Österreichs früherer Kanzler Schüssel auf, der erklärte, ihm gefielen "diese Fotos".

"Don't panic"

Die Story vom schönen Ex-Minister, den Starfotograf Michel Comte ablichtete, hat nun ein Nachspiel. Grassers Wiener Anwalt Michael Rami kündigte für diese Woche das Einreichen einer Klage beim Handelsgericht Wien an. Der Jurist hat das Prominentenpaar Swarovski/Grasser schon mehrfach in Auseinandersetzungen mit dem Medien unterstützt. Nun soll Condé Nast auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt werden.

Die Bilder entstammten einem Foto-Shooting für die Januar-Ausgabe der italienischen "L'Uomo Vogue" (ebenfalls Condé Nast) und seien teils nur zur Privatverwendung entstanden, teilte Grasser-Sprecher Manfred Lepuschitz mit, der "Vanity Fair" zudem unsauberen Journalismus vorwirft: Grasser habe Wünsche des Magazins nach einem Interview immer abgelehnt. Für den Text zum Bild (Titel: "Total liberal") habe "Vanity Fair" Zitate Grassers aus anderen Medien ohne Quellenangabe abgedruckt.

Condé Nast erklärt dagegen, die Fotos seien "in einem gänzlich routinemäßigen Prozedere erworben" worden, man sei selbstverständlich davon ausgegangen, dass alles seine Ordnung habe. Von Vorbehalten gegen einzelne Motive sei im Gespräch mit der Firma Michel Comtes "zu keinem Zeitpunkt die Rede" gewesen. Sämtliche im Text verwendeten Zitate seien mit dem Pressesprecher Grassers "abgeklärt" - "keines dieser Zitate ist nach unserem Kenntnisstand strittig". Und "Vanity Fair"-Chefredakteur Ulf Poschardt sagt: "Es gibt keinen Grund zur Aufregung."

Man schreibt fremd

Konsequenzen hatte die Sache für den Autor der liberalen Story. Karl Wendl, einer von drei Chefredakteuren der Wiener Info-Ilustrierten News, ist am Freitag fristlos entlassen worden. Begründung: Er soll die Geschichte für Condé Nast ohne Erlaubnis seines Verlags geschrieben haben.

Eine pikanter Seitensprung: News gehört zu 56 Prozent zur Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr. Bei dem Hamburger Verlag erscheint monatlich das "Personality-Magazin" "Park Avenue". Das Heft stand vorigen Sommer Gerüchten zufolge kurz vor der Einstellung, Chefredakteur Alexander von Schönburg ("Die Kunst des stilvollen Verarmens") gab auf. Seither führt Andreas Petzold das Magazin - neben seiner Arbeit als Chefredakteur beim Stern.

Als schärfster Konkurrent auf dem gehobenen Eitelkeitsmarkt gilt Vanity Fair. Von dem Eindruck, Wien sei Kampfplatz des Hamburger Traditionshauses mit Condé Nast, will News-Chefredakteur Beppo Votzi nichts wissen: Die deutschen Miteigner hätten mit Wendls Rauswurf "nichts zu tun". Der Journalist sei vielmehr schon wegen anderer Fremdschreiberei verwarnt worden.

Wie sehr man sich andererseits in Hamburg bei G + J mit "Vanity Fair" auseinandersetzt, beweist nun eine spektakuläre Billigaktion, die unter Hoheit des Zeitschriftenvorstands Bernd Buchholz verkündet wurde. Ebenso wie das wöchentliche Condé-Nast-Produkt, das derzeit unter einem Einführungspreis vertrieben wird, soll die März-Nummer von Park Avenue nur einen Euro kosten - statt bisher fünf.

Vom Rivalen ist dabei explizit die Rede. Der Verlag sehe "Vanity Fair" "konzeptionell im Segment" von "Park Avenue" und wolle "jetzt den Lesern die Möglichkeit geben, zu gleichen preislichen Bedingungen ihre Entscheidung zu treffen", erklärt "Park Avenue"-Verlagsleiterin Gabriele Saß. Für wie viele Ausgaben der Sonderpreis gilt, sei offen: Ein Euro sei "selbstverständlich auf längere Sicht gesehen kein relevanter Copypreis" für "Park Avenue".

Deserteure sind willkommen

Den Ein-Euro-Job von G + J, der auf Außenstehende wie blanke Panik wirkt, sieht man im Verlag offenbar lieber als prima List. Man hofft buchstäblich auf Mitnahme-Effekte am Kiosk durch die von "Vanity Fair" gelockte Kundschaft. Die Markenbekanntheit von "Park Avenue" halte man bei G + J noch für ausbaufähig, immerhin liege der Kioskverkauf jetzt bei deutlich über 10 000 Exemplaren, so ein Brancheninsider. G + J selbst nennt die Zahl von insgesamt 90 000 verkauften Exemplaren, bei einer Abo-Auflage von 14 000 Stück.

Die Preisanpassung an den Rivalen lässt jedenfalls erneut Spekulationen über einen Wechsel von "Park Avenue" zur wöchentlichen Erscheinungsweise zu. Sie gibt es, seit Condé Nast für die deutsche Version seines Klassikers den Wochenrhythmus ankündigte. "Park Avenue"-Verlagsleiterin Saß dementiert: Das Heft bleibe Monatstitel.

Offenbar will man mehr Präsenz notfalls lieber mit einer Neuentwicklung (Arbeitstitel "Neues Deutschland") erreichen, die gegen Jahresende auf den Markt kommen könnte, falls "Vanity Fair" zu stark wird. Am Erfolg der Konkurrenz arbeitet künftig übrigens auch der frühere "Park Avenue"-Chefredakteur Schönburg: Am 1. März wechselt er als Autor zum Gegner.

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