USA:Harte Tür

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Wirkt islamisch, ist aber nur Jazz: das Album von Yussef Kamaal. (Foto: label)

Immer mehr Schriftsteller und Bands berichten von Ärger bei der Einreise und machen die Trump-Regierung verantwortlich. Oft haben sie aber einfach die falschen Visa.

Von Andrian Kreye

Es geht ruppig zu an den Grenzen zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Zumindest häufen sich die Meldungen, dass Schriftsteller und Künstler verhört, festgesetzt und nicht ins Land gelassen werden. Der amerikanische PEN hat sich der Sache schon angenommen, nachdem die australische Kinderbuchautorin Mem Fox, der französische Holocaust-Historiker Henry Rousso und der US-Künstler Aaron Gach von Grenzbeamten verhört wurden.

Nun erfährt man aus Texas, dass gleich drei nicht-amerikanische Bands nicht einreisen durften, die auf dem Festival South by Southwest (SXSW) in Austin spielen sollten: Soviet Soviet (aus Italien), Massive Scar Era (aus Kanada und Ägypten), sowie Yussef Kamaal (aus Großbritannien).

Nun klingt Yussef Kamaal zwar islamisch, ist aber nur eine Verschmelzung der Bandgründernamen Yussef Dayes und Kamaal Williams. Sie haben auf dem Cover ihres Debütalbums "Black Focus" arabische Schrift abgedruckt. Doch da hören die Bezüge zur islamischen Welt auch schon auf. Beim letzten JazzReFound-Festival in Turin gehörten sie zu den großen Entdeckungen. Das Quartett um den Schlagzeuger Dayes und den Keyboarder Williams spielt eine furiose Mischung aus britischer Clubmusik und elektrischem Jazz. Das alles kann man mit wenigen Klicks aus einer Google-Suche ziehen. Trotzdem fragten sie auf ihrer Webseite, ob sie denn wohl wegen ihres Namens abgewiesen wurden.

Vertieft man sich allerdings ein wenig in die Berichte der Schriftsteller und Bands, die Ärger an der Grenze hatten, ist das Problem nicht mehr ganz so eindeutig. Bis auf Aaron Gach wurden die Verhörten und Abgewiesenen nicht wegen ihrer Arbeit, ihrer Namen oder wegen diskriminierenden Profilings aus der Schlange gezogen, sondern wegen Unklarheiten ihrer Visa. Allesamt waren zu Vorträgen und Konzerten angereist, für die sie nicht bezahlt wurden. Das ist im modernen Kulturbetrieb trauriger Alltag, aber für Grenzbeamte schwer nachvollziehbar.

Wer auf dem SXSW-Festival spielt, tut das gratis, weil er vor der digitalen Weltöffentlichkeit spielen darf. Die meisten Bands, die aus dem Ausland anreisen, buchen dann noch ein paar Promo-Konzerte dazu. "Showcase" heißen solche unbezahlten Auftritte. Dafür brauchen sie nach der "Showcase Exception"-Ausnahmeregelung der US-Behörden kein Visum. Wenn sie aber nur ein paar Dollar Gage bekommen, ist ein Arbeitsvisum fällig.

Nun war der Ton an der US-Grenze schon immer ruppig. Wer gegen Visaregelungen verstieß, musste oft eine Nacht in einer Zelle verbringen und wurde in Handschellen zum Rückflug gebracht. Das konnte ziemlich ekelhaft werden. Skandalisiert man diese Methoden allerdings zum Novum der Trump-Ära, lenkt man davon ab, dass die Einwanderungsbehörden im Inland der USA derzeit eine regelrechte Menschenjagd veranstalten. Familien werden zerrissen, Existenzen zerstört. Eltern organisieren Telefonketten, damit jemand ihre Kinder von der Schule abholt und sich kümmert, falls sie in Ausweisungslagern verschwinden. Das Klima der Angst in Einwanderervierteln ist so extrem, dass sich viele buchstäblich nicht vor die Türe trauen. Ärger an der Grenze war immer schon lästig. Die Zerstörung der amerikanischen Einwandererkultur aber ist neu und wird mit Grausamkeit betrieben.

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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