Umstrittene Ausstellung im Potsdamer Landtag:Hitler darf bleiben

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Dürfen Bilder, die verfremdete Porträts von Diktatoren wie Hitler und Stalin zeigen, in einem deutschen Landtag ausgestellt werden? Die rot-rot-grüne Mehrheit in Potsdam findet: ja. Kritisiert wird die Ausstellung des Künstlers Lutz Friedel nicht nur von der Landtagsopposition.

Meist lautet die Frage: Was darf Kunst? In diesem Fall muss man sie sogar noch etwas ausweiten: Was darf Kunst und wo darf sie es? Im Potsdamer Landtag sind derzeit Bilder des Künstlers Lutz Friedel ausgestellt. Zu sehen gibt es verfremdete Porträts von wichtigen Persönlichkeiten wie Helmut Schmidt oder Anne Frank - aber auch von Josef Stalin und Adolf Hitler. Dürfen Bilder von Diktatoren, von Massenmördern, an einem Hort der Demokratie ausgestellt werden? Offenbar ja.

Die umstrittene Ausstellung im neuen Parlamentsgebäude des brandenburgischen Landtags wird dank einer linken Mehrheit nämlich bleiben, wo sie ist. Die Bilder sollen aber besser erklärt werden. Dafür sprachen sich die Fraktionen von SPD, Linken und Bündnisgrünen nach internen Diskussionen aus. Zuvor hatte es nicht nur von der CDU, sondern auch von Opferverbänden Proteste gegen die Ausstellung gegeben.

Zum geplanten Tag der offenen Tür im neuen Landtagsgebäude am kommenden Wochenende sollen Friedel und die Kuratorin der Schau eingeladen werden. Zudem soll es möglichst zügig Erklärhefte und -tafeln sowie einen Katalog geben.

FDP und CDU forderten dagegen, die Bilder abzuhängen. Die CDU stellte am Mittwoch dazu auch einen Antrag im Landtagspräsidium zur Abstimmung. CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski sagte: "Der Landtag Brandenburg ist keine Galerie, sondern ein politischer Raum, ein Raum der Demokratie." Da gebe es auch Beschränkungen. "Ansonsten könnte auch noch ein Künstler anfangen, Hakenkreuze in verschiedenen Formen zu malen und diese als Kunst zu bezeichnen, dann könnten wir die vielleicht auch noch hier hinhängen." Der CDU-Antrag scheiterte jedoch erwartungsgemäß an der rot-rot-grünen Mehrheit.

Zuvor hatte sich auch die neue Kulturstaatsministerin der Bundesregierung, Monika Grütters (CDU), kritisch geäußert. "Ich denke nur, dass ein sehr selbstkritischer Künstler wie Herr Friedel, die Verwerfungen, die diese Arbeit auslöst, hätte vorhersehen müssen und können", sagte Grütters. In einem Parlamentsgebäude und angesichts des Gedenkjahres, das 2014 sei, betrachte sie dies als "außerordentlich problematisch".

"Es betrifft jeden, und es geht uns alle an"

Friedels Bilder sollen ein Jahr lang im Parlamentsgebäude bleiben. Die Kunst- und Ausstattungskommission des Landtags hatte die Schau abgesegnet - allerdings offenbar auch nicht gänzlich ohne Bauchschmerzen. Die Vorsitzende Gerrit Große (Linke) erklärte, das Gremium habe dem Künstler keine Auflage erteilt, aber zum Ausdruck gebracht, sich Hitler im Landtag nicht gut vorstellen zu können.

Unterdessen stößt die Ausstellung auch bei Opferverbänden und dem Zentralrat der Juden in Deutschland auf Kritik. Er erwarte vom Landtag mehr politisches Fingerspitzengefühl, sagte Zentralratspräsident Dieter Graumann den Potsdamer Neuesten Nachrichten (Dienstagsausgabe). Porträts von NS-Verbrechern gehörten ganz einfach nicht ins Parlament. Große kündigte an, das Gespräch mit Graumann suchen zu wollen.

Der Architekt des neuen Landtags, Peter Kulka, sprach sich ebenfalls für einen Verbleib der Bilder in dem Gebäude aus. "Die Ausstellung ist ein guter und sinnvoller Beitrag für Kunst im öffentlichen Raum", sagte er der Berliner Morgenpost (Mittwochsausgabe). "Es betrifft jeden, und es geht uns alle an - im Großen wie im Kleinen."

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