TV-Kritik: "The Next Uri Geller":Schluss mit dem Schmu

Nachdem Uri Geller sich mit Jan Becker nun also verdreifacht hat, darf Pro 7 sich getrost wieder anderen traurigen Gestalten zuwenden und die Show absetzen. Billige Tricks gibt es in der Krise schon genug.

Ruth Schneeberger

Als Uri Geller vor einem Jahr seinen Nachfolger suchte, durfte man noch baff sein: Was denn? Der Meister gibt den Löffel ab? Schon wieder? War der Model-Zauberer mit der Ausstrahlung eines gestressten Bankangestellten nicht schon in den siebziger Jahren out, als er selber noch frisch, sein Löffel-Trick jedoch längst enttarnt war?

TV-Kritik: "The Next Uri Geller": Thront über allem: Papa Geller.

Thront über allem: Papa Geller.

(Foto: Screenshot: Pro 7)

Pro 7 setzt seit je auf den Zauber des Vergessens und ließ sich auch diesmal von der Quote locken: In seiner Heimat Israel erzielte der geschäftstüchtige Geller mit seiner Show angeblich bis zu 50 Prozent Marktanteil. Und tatsächlich: Die Kandidaten, die in Deutschland antraten, um in die Fußstapfen ihres Meisters zu treten, waren - zumindest in der ersten Staffel - allesamt so urig, dass das Spektakel mit gebührender Aufmerksamkeit verfolgt wurde. Der finale Auftritt eines röchelnden "Rabenvaters" gilt in Stefan-Raab- und Youtube-Kreisen als eine der größten Lachnummern des Fernsehjahres 2008.

Damit hätte es aber auch gut sein können. Der lederbemäntelte Vincent Raven ist "The Next Uri Geller", keiner neidet ihm diese Stellung, und alle könnten wieder in der Versenkung verschwinden und sich samt ihrer peinlichen Auftritte wieder vergessen lassen. Doch leider wollte es ein Sendergott, dass es eine zweite Staffel gebe.

Wenn das Wörtchen "Next" nicht wär'

Man sollte den Pro-7-Leuten einmal erklären, dass ein Format wie "Germany's Next Topmodel" nicht deshalb erfolgreich ist, weil eine nächste Heidi Klum gesucht wird. So sind ja auch nicht alle Folgeformate automatisch schon deshalb erfolgreich, weil ein Nachfolger von irgendwem öffentlich gecastet wird. Wenn eine Person des öffentlichen Lebens also einen Nachfolger gefunden hat, dann ist das nun mal ihr Nachfolger. Mehr davon muss es nicht geben. Im Übrigen wurde bis vor kurzem auf der Sender-Homepage immer noch verkündet, Lena Gercke, die Siegerin der ersten Staffel, sei "Germany's Next Topmodel", obwohl es der Nachfolgerinnen inzwischen mehrere gibt. Wenn das Wörtchen "Next" nicht wär', gäbe es nicht so viele schlechte Formate im deutschen Fernsehen.

Nun also haben sich mehr oder weniger Zuschauer durch eine Nachfolge-Staffel der Nachfolger-Suche gequält. Doch ausgerechnet zum "großen Finale" war Moderator Stefan Gödde irgendwie unpässlich. Zwar scheint er Uri Geller inzwischen wie aus dem Gesicht geschnitten - wir warten noch auf die Auflösung dieses unglaublichen Zaubertricks bei Youtube: wenn die beiden nebeneinander stehen, wirken sie wie Klone -, aber dieses starke Lispeln, diese Wortfindungsschwierigkeiten und das Ablesen vom Blatt - das war doch in der ersten Staffel noch nicht da? Muss wohl verzaubert worden sein, der Gute, allerdings nicht von weißen Kräften.

Bisschen ungeschickt auch, dass die Semi-Prominenz, eigentlich zur Bekräftigung der Glaubwürdigkeit geladen, vorwiegend aus der Pro-7-Familie stammte: Charlotte Engelhardt und Matthias Opdenhövel sind beide Moderatoren von Pro 7, für dessen gemeinsame neue Show im Finale auch noch geworben werden musste. Worüber die blonde Moderatorin natürlich total überrascht war - mindestens so sehr wie über die Zaubertricks. Schauspielerin Julia Stinshoff ("Forsthaus Falkenau"/"Alarm für Cobra 11") dagegen machte zumindest im angesagten kleinen Fliederfarbenen eine gute Figur.

Lesen Sie weiter auf Seite 2, wie sich die Kandidaten schlagen.

Schluss mit dem Schmu

Sie verspüre Angst, sagte ihr verblüffenderweise Kandidat Ully Loup auf den Kopf zu. Was hätte sie auch anderes antworten sollen als "Ja"? Schließlich hing der Berliner Mentalist glatzköpfig, im Kettenhemd, mit dunklem Augen-Make-up und beschwörendem Blick zwecks Seelenwanderung wie eine Klette an ihr. Noch viel verblüffender war dann allerdings, dass er als Erster rausgewählt wurde - und das, obwohl er schon zweimal mit dem Kronprinzen der Hölle in Kontakt getreten war.

Für bessere Laune sorgte der Salzburger Mentalist Manuel Horeth, indem er Opdenhövel auf wunderbare Weise in den Genuss kommen ließ, die Boxhandschuhe des Muhammad Ali zu streicheln. Komisch nur, dass alle seine Tricks von angeblich undurchlässigen Glasscheiben handeln - und noch komischer, dass die Kamera sie immer nur aus einer bestimmten Perspektive zeigt. Und obwohl Horeth sogar auf die Hilfe der Bild-Zeitung gesetzt hatte (wie auch schon ein Kandidat in der Staffel zuvor), in der er einen "Artikel" (gemeint war eine Anzeige) aufgegeben hatte, um zu beweisen, dass er "ganz Deutschland" in Gedanken manipuliert habe, um ihm einen bestimmten Geldschein in die Tasche zu spielen - es reichte nicht. Denn die Geldschein- und Taschenspieler-Tricks, die kriegt inzwischen jeder Banker besser hin als die Pro-7-Mentalisten.

Es kann nur zwei geben

Blieb also nur noch einer übrig, der gewinnen konnte - und hier gab es dann mal tatsächlich eine Überraschung: Jan Becker, der nun die offizielle Nachfolge von Uri Geller Part Two antreten darf, wirkt erstaunlich symphatisch. Als "Herr der Gedanken" angekündigt, zeigte er sich eher als ein Mensch der Gefühle. Dass er im Publikum ausgewählten Frauen auf den Kopf zusagte, ihre innigsten Gedanken würden sich um ihre Hochzeit drehen, und den Männern, dass sie nur an Arbeit und Urlaub dächten, war zwar so ärgerlich klischeehaft wie absehbar. Trotzdem: Hier wurde ein Menschenfänger gekürt, der zumindest freundlich war. Was man von seinem Vorgänger nicht behaupten konnte. Was das sonnige Kerlchen nun mit seiner fragwürdigen Auszeichnung anfängt, will man gar nicht wissen.

Der sonnigste Kandidat aus der ersten Staffel jedenfalls hat jetzt eine eigene Nachfolge-Sendung, die auf Pro 7 nach der Nachfolger-Nachfolge-Staffel läuft: "Farid" zeigt, von einer Kamera begleitet, auf der Straße Taschenspielertricks. Womit der ganze Zauber nun endlich wieder dort angekommen ist, wo er hingehört.

Denn die großen Zaubertricks, die Manipulation der Gedanken, das Verschwinden und Hervorzaubern von Geld und das Beeinträchtigen der Gefühle, die laufen inzwischen auf einem ganz anderen Programm. Und wer Aufregung braucht, der begibt sich einfach in oder an den Rand des Arbeitslebens in Zeiten der Finanzkrise. Aber das konnte Pro 7 im Sommer vergangenen Jahres ja noch nicht ahnen.

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