TV-Kritik: "Sommermädchen 2009":Höschen in den Popo, Ei im Mund

Gar lustig sind die Bikini-Spiele im Privatfernsehen: Pro Sieben sucht das schönste Mädchen dieser Sommersaison.

K. Riehl

Für das Wort "Mädchen" verzeichnet der Duden von 1978 die Erklärung "Kind weiblichen Geschlechts". 1978, das war jene alte Zeit, bevor Heidi Klum junge und hauptsächlich dünne Frauen unter vielen strengen Worten und Blicken über Laufstege spazieren ließ und von ihrem hübschen Casting-Material nur noch als ihren "Mädchen" sprach.

TV-Kritik: "Sommermädchen 2009": Und wenn Pro Sieben castet, dann kommen sie auch, die Mädchen: 16 Kandidatinnen, allesamt bereit, sich den Titel "Sommermädchen 2009" mit knappen Bikinis und ausgefahrenen Fingernägeln zu erkämpfen.

Und wenn Pro Sieben castet, dann kommen sie auch, die Mädchen: 16 Kandidatinnen, allesamt bereit, sich den Titel "Sommermädchen 2009" mit knappen Bikinis und ausgefahrenen Fingernägeln zu erkämpfen.

(Foto: Foto: dpa)

Dieser aktuelleren Definition folgend sucht Pro Sieben in der so quälend langen Topmodel-Sommerpause seit Samstag das "Sommermädchen 2009". Und wenn Pro Sieben castet, dann kommen sie auch, die Mädchen: 16 Kandidatinnen, allesamt bereit, sich diesen Titel mit knappen Bikinis und ausgefahrenen Fingernägeln zu erkämpfen. Zu gewinnen gibt es einen Auftritt in der Fernsehsendung "Taff", eine Fotostrecke im Männermagazin FHM und eine Reise - gut, zumindest damit lässt sich etwas anfangen.

Doch klar, bevor hier irgendjemand irgendwo hinfährt, müssen zunächst mal knallharte Aufgaben bewältigt werden: "Die Kandidatinnen haben noch nicht verstanden, dass das keine Wellness-Wochen werden, sondern ein harter Kampf", lässt uns eine irgendwie vertraut klingende Stimme aus dem Off wissen.

Und tatsächlich: Linda, Anastasia und Co müssen - man mag die unbillige Härte kaum fassen: ein Zelt aufbauen. Darin schlafen müssen dann aber - welch' Erleichterung! - nur diejenigen, die im ersten Spiel zu langsam durch den Pool gepaddelt sind. Klar, das ist hart, aber zum Glück warten am Morgen schon die nächsten Spiele, die erfreulicherweise auch alle im Bikini gespielt werden können, um die verlorenen Punkte wieder aufzuholen.

Weil es um Einiges geht, fließen auch hier unter der spanischen Sonne jede Menge Tränen. Weil der Druck einfach so groß ist, die fiese Brünette das blaue Kopftuch aufgesetzt hat oder weil man mit der vor zwei Tagen kennengelernten besten Freundin nicht in einem Zimmer schlafen darf. Da kommt man kaum umhin, sich zu fragen, ob man 21-jährige Frauen nur lange genug "Mädchen" nennen muss, bis sie anfangen, sich auch so zu benehmen.

Wenn noch nicht genug gekratzt, gebissen und geweint wird, sind die Moderatoren Charlotte Engelhardt (bei Pro Sieben in Sachen Casting erfahren durch die Moderation der Topmodel-Aftershow-Show) und Steven Gätjen auch gerne bereit, mit der Zimmeraufteilung ein bisschen nachzuhelfen.

"Wie gut, wenn man solche Freundinnen hat!"

Manchmal meint man fast noch den Regisseur flüstern zu hören: "Setz' du dich mal auf die Treppe und sei traurig, dass du nicht so hübsch bist, wie die anderen, dann komm' du und mach ein kleines Selbstbewusstseins-Coaching zum Thema 'innere Schönheit' und dann, dann nimmst du sie mal feste in den Arm. Schön!" Das findet auch der Herr aus dem Off ("Wie gut, wenn man solche Freundinnen hat!").

Gut, ausgeblasene-Eier-heil-eine-Wasserrutsche-runterbefördern ist nicht gerade eine Aufgabe zur Zulassung zum Philosophie-Studium. Trotzdem ist man zu Beginn fast geneigt, es sympathisch zu finden, dass die Kandidatinnen nicht auf ihren Fettanteil untersucht werden, sondern ihre Begabung im Tauziehen unter Beweis stellen müssen.

Doch da ahnt man auch noch nichts vom "gnadenlosen Optik-Check": Nana und Martino aus dem Musikbusiness (aha!) zelten gerne, um die "Purity wieder zu wecken, back to nature und so", haben "immer zwei Würstchen im Feuer" und nehmen die Mädchen unter die Lupe. Wer ihnen nicht gefällt, den werfen sie in den Pool.

Dann dürfen endlich drei Mädchen nach Hause fahren. Glück gehabt! Oder, um es mit Steven Gätjen zu sagen: "Höschen in den Popo und das Ei im Mund - herzlich willkommen bei Sommermädchen 2009".

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