TV-Kritik: Maischberger:"Wir machen Männern Angst"

Sie hauen auf den Tisch, tragen Hosenanzüge und haben ständig Schuldgefühle: Erfolgreiche Frauen. Einige von ihnen diskutierten bei "Menschen bei Maischberger" über Macht, Benachteiligung im Job und fiese Sprüche im Poesiealbum. Der einzige Mann bei diesem Frauengipfel wäre besser zu Hause geblieben.

Sarina Märschel

Es gibt einen Bereich, an dem die Emanzipation spurlos vorüber gegangen ist. Management-Trainerin Sabine Asgodom schüttelte es, als sie an Poesiealben dachte:

TV-Kritik: Maischberger: Karrierefrauen unter sich: Die Autorin Sabine Asgodom und die Politikerin Andrea Ypsilanti (re.) diskutieren bei "Menschen bei Maischberger".

Karrierefrauen unter sich: Die Autorin Sabine Asgodom und die Politikerin Andrea Ypsilanti (re.) diskutieren bei "Menschen bei Maischberger".

(Foto: Foto: dpa)

"Wandle stets in Rosen, auf ewig grüner Au' - bis einer kommt in Hosen, der Dich nimmt zur Frau."

Da kann es ja nichts werden mit Frauen an der Macht, findet Asgodom, wenn die Damenwelt immer noch durch solche Sprüchlein geprägt ist. Dass man diese Prägung nicht einfach so abschütteln kann, war eine der wichtigsten Erkenntnisse der Talkrunde am Dienstagabend bei "Menschen bei Maischberger".

"Sind Frauen weniger wert?" hatte Sandra Maischberger ihre Sendung genannt. Im Studio hatten es sich fünf erfolgreiche Frauen gemütlich gemacht. Natürlich wurde in der Diskussion ein bisschen auf die Männer eingedroschen. "Männer sind Siegertypen, die sich wahnsinnig überschätzen", beschwerte sich Barbara Dickmann, die erste "Tagesthemen"-Moderatorin und heutige Redaktionsleiterin der ZDF-Sendung "Mona-Lisa", gleich zu Beginn der Diskussion.

Wenig Platz für Männer-Bashing

Das Männer-Bashing nahm aber nur einen kleinen Teil der Gesprächsrunde ein. Es entspann sich eine differenzierte Diskussion darüber, warum Frauen sich oft schlecht verkaufen und deshalb häufig fast ein Viertel weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen im gleichen Job: Weil Frauen nicht genügend auf den Tisch hauen, weil ihnen Geld nicht so wichtig ist, weil manche Frauen lieber doch keine Verantwortung übernehmen wollen. Und wegen der Kinder.

Junge Frauen, da war sich die Runde einig, fühlen sich gefördert und gefordert. "Viele wollen nicht wahrhaben, dass Frauen immer noch benachteiligt werden - erst wenn sie Kinder haben, dann merken sie es", fasste die hessische SPD-Spitzenkandidatin und Fast-Ministerpräsidentin Andrea Ypsilanti die Wahrnehmung der anwesenden Karrierefrauen zusammen.

Bessere Betreuungsmöglichkeiten allein sind dann aber noch nicht die fertige Lösung für die Herausforderung Kind und Karriere: Andrea Ypsilanti erzählte angenehm offen über Schuldgefühle gegenüber ihrem Sohn. Dieser sei zwar nie alleine zu Hause - aber oft sei sie, die Mutter, für ihn nicht verfügbar: "Das ist mir eine Qual. Ich bin so geprägt worden, das kann ich nicht abschütteln." Die anderen Gesprächsparterinnen nickten mit den Köpfen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Warum Claude-Oliver Rudolph einen Rüffel von Sandra Maischberger kassierte.

"Wir machen Männern Angst"

Wie nun bekommt man Kind und Karriere auf die Reihe? Sie hätte sich mehr Vorbilder gewünscht, sagte Ypsilanti. Barbara Dickmann sieht sich im Medienbereich als ein solches. Als eine, die gekämpft und gewonnen hat - trotz hohem Druck durch männliche Vorgesetzte. Ihr macht es deshalb Sorgen, dass 20- bis 30-jährige Frauen ihrer Erfahrung nach die Trampelpfade von Frauen wie ihr, die sich in der Männerwelt durchgesetzt haben, nicht nutzen: "Ihr könnt euch entscheiden!" rief sie den jungen Zuschauerinnen zu - für Karriere und Kinder, Erfolg und Macht. Nachdem sie die Runde eingehend betrachtet hatte, konstatierte Managment-Trainerin Asgadom: "Wir machen Männern Angst." Mit solchen Frauen sollte die Sache mit der Gleichberechtigung bis in spätestens drei Generationen geschafft sein, befand sie.

Nur eine in der Runde sah das nicht ganz so: Ulrike Schramm-de Robertis, fünffache Mutter und Filialleiterin einer Supermarktkette. Sie kennt aus ihrem Alltag die Frauen, die nicht in der Runde zu finden waren: Ungelernte Frauen. Und solche, die es nicht schaffen, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bringen. Die mit einer Doppelbelastung nicht zurechtkommen. Ihre Wahrnehmung: "Frauen haben gar keine Chance."

Dass der Quotenmann, Claude-Oliver Rudolph, noch eine ganze Zeit lang im Flugzeug saß und erst später zur Damenrunde stieß, war kein Schaden.

"Kerle langweilen mich"

Am Ende wusste man über den Schauspieler, der ein T-Shirt mit Kate-Moss-Schriftzug trug, dass er eine "Überquote" an Frauen am Set beschäftigt, "weil mich Kerle langweilen". Dass er sich für kleine rothaarige Regieassistentinnen einsetzt, die von Vorgesetzten angebrüllt werden. Und dass er durch sein Engagement (Zurückbrüllen, Schlägerei) für Frauen dieser Art den einen oder anderen Job verloren und einige Prozesse geführt hat.

Sein Fazit: Einsatz für Frauen ist teuer. Das hatte zwar irgendwie mit dem Thema des Abends zu tun. Die Wortbeiträge von Schauspieler Claude-Oliver Rudolph waren außerdem meist durchaus unterhaltsam, im Wesentlichen waren seine Anekdoten laut Maischberger aber "nicht zielführend" - das brachte ihm am Ende einen Rüffel von Moderatorenseite ein.

Platz für Männer war in dieser Frauenrunde also nicht. Eigentlich war nur Platz für sehr starke Frauen mit einer außergewöhlichen Biographie. Woher man die Stärke bekommt, um eine solche Karriere hinzulegen und nebenbei noch ein paar Kinder großzuziehen, blieb an diesem Abend leider ein Geheimnis.

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