Türkei:Aslı Erdoğan verhaftet

Bei der Durchsuchung der Tageszeitung "Özgür Gündem" wurde am Dienstag auch die Kolumnistin und Schriftstellerin Aslı Erdoğan verhaftet. Sie gehört zu den bekanntesten Fürsprechern der kurdischen Minderheit in der Türkei.

Nachdem ein türkisches Gericht am Dienstag die Tageszeitung Özgür Gündem verboten hatte, durchsuchte die Polizei die Redaktionsräume und nahm mindestens 24 Redakteure und Mitarbeiter fest. Der Zeitung war vorgeworfen worden, Propaganda für die PKK, die Organisation der kurdischen Separatisten, betrieben zu haben.

Zu den Inhaftierten gehört die Kolumnistin und Schriftstellerin Aslı Erdoğan, die daneben auch für die Zeitung Radikal arbeitete und eine der bekanntesten Fürsprecherinnen der kurdischen Minderheit in der Türkei ist. In der Literatur bekannt geworden war die Physikerin, die in den frühen Neunzigern am Kernforschungszentrum Cern in Genf gearbeitet hatte, mit Romanen wie "Die Stadt mit der roten Pelerine" (auf Deutsch 2008 im Union-Verlag erschienen), in dem sie anhand eines Emigrantenschicksals die Geschichte einer weiblichen Emanzipation erzählt.

Für ihren Roman "Tas Bina" ("Steingebäude") erhielt sie im Jahr 2010 den bedeutendsten Literaturpreis der Türkei, darüber hinaus war sie immer wieder Gast in westeuropäischen Literaturhäusern und Kultureinrichtungen. Aslı Erdoğan, die aus allzu begründeter Furcht vor türkischen Nationalisten wie Sicherheitsorganen immer wieder für längere Zeit im Ausland lebte, war in der Türkei bekannt für die Offenheit, mit der sie nicht nur über Kurden, sondern auch über die Verhältnisse in türkischen Gefängnissen, über Folter und Gewalt gegen Frauen schrieb. Im Jahr 2008 gehörte sie zu den ersten Intellektuellen, die sich bei den Armeniern für die Massenmorde entschuldigen wollten, die ihnen in den Jahren 1915 und 1916 angetan worden waren.

© SZ vom 19.08.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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