Trauerfeier für Pavarotti:Ciao, Luciano!

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Zum Abschied Farbe in den Himmel: Mit einer bewegend-fröhlichen Trauerfeier hat Modena dem Tenor Luciano Pavarotti einen überaus würdigen Abschied bereitet.

Birgit Lutz-Temsch

Die Träger heben den Sarg mit dem Leichnam Luciano Pavarottis über die Türschwelle der Kathedrale Modenas. Die Stille auf der Piazza Grande Modenas wird urplötzlich durchbrochen von einem lauten Zischen und Grollen, und exakt in dem Moment, in dem der erste Strahl der heißen Septembersonne auf den Sarg fällt, fliegt eine Staffel der Frecce tricolori, der italienischen Kunstflieger, über den Platz hinweg, eine grün-weiß-rote Rauchfahne hinterlassend. Die italienischen Farben im Himmel, für Luciano Pavarotti. Ein Raunen geht durch die Menge. Als sie den Sarg in das wartende Auto schieben, kommen die Frecce gleich noch ein zweites Mal.

Modena hat Abschied genommen von seinem berühmten Sohn. Ein würdiger Abschied, ein wunderbares addio, vielleicht ein Fest, wie es nur Italiener für einen ihrer Söhne ausrichten können. Die Stimme des italienischen Ministerpräsidenten Romani Prodis Stimme zittert, als er am Ende des Gottesdienstes seine Trauerrede hält.

Seine Ansprache wird zu einer Verneigung vor einem großen Künstler, der "nicht nur die italienische Kunst in der ganzen Welt bekannt machte, sondern das ganze Land Italien selbst - ein wunderbarer Botschafter Italiens". Nicht nur für die Kunst habe er gelebt, sondern auch für die Menschlichkeit, und wie sehr der 71-Jährige sich für humanitäre Zwecke eingesetzt habe, zeige allein der Umstand, dass unter den 700 Trauergästen der Kathedrale auch der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan sitze.

War es zuvor während der auf Großbildschirme übertragenen Trauerfeier schon immer ruhiger geworden auf der Piazza Grande, so senkt sich am Ende dieser Worte respektvolle, absolute Stille über die in der stechenden Septembersonne stehenden Trauergäste. Bevor ein lang anhaltender Applaus aufbrandet.

Man muss der Stadt Modena und der Familie Pavarottis dankbar sein für diesen Tag und ihr Verständnis dafür, dass es viele Menschen geben würde, die von dem Maestro Abschied nehmen möchten. Wenig Zeit nahmen sich die Angehörigen für ihr eigenes persönliches Lebewohl. Seit Donnerstagabend schon, dem Tag, an dem Pavarotti starb, war der Leichnam in der Kathedrale aufgebahrt, damit seine Anhänger Abschied nehmen konnten von ihm. Mehr als 100.000 Menschen nutzten diese Gelegenheit, besuchten den Sarg und trugen sich in die Kondolenzbücher ein. Viele Male steht darin das Wort "Grazie".

Applaus zum Abschied

Wer am Samstag nach Modena anreiste, wurde schon an der Autobahn von Hinweisschildern empfangen, die zu drei verschiedenen Parkplätzen leiteten, von denen ganztägig Shuttlebusse in die Gassen des Zentrum führten. Am Eingang der kostenlosen Parkplätze verteilten Freiwillige Stadtpläne mit Hinweisen über den Ablauf der Feierlichkeiten.

Und neben der Infrastruktur für die zig Übertragungswagen der Medien schaffte es die Stadt, in Windeseile gleich auf mehreren Plätzen Großleinwände aufzubauen, auf denen die Trauerfeier übertragen werden sollte. Geschäfte und Büros stellen gerahmte Fotos Pavarottis in ihre Schaufenster, ein offenbar schnell gedrucktes und unzählige Male aufgehängtes Plakat zeigte den lächelnden Tenor mit der Überschrift "Ciao Luciano".

Vor dem Teatro Comunale, auf dessen Bühne Pavarotti einst stand, legten seine Fans Blumen nieder, und einem Strauß ist ein Zettel beigefügt, auf dem es heißt: "Du hinterlässt uns wie Waisen, aber uns bleibt deine unsterbliche Stimme und die Schönheit deiner absoluten Kunst." Tausende Sterbebilder wurden gedruckt, damit jeder ein letztes Andenken an den Maestro mit nach Hause nehmen konnte.

Weniger als 48 Stunden nach dem letzten Atemzug des Maestros war alles bereit für die große Trauerfeier. Kein Chaos, kein Stau. Um 14 Uhr, eine Stunde vor Beginn der Feier, säumten Menschen in Viererreihen den abgesperrten Weg zur Kathedrale, war die Piazza Grande mit der Leinwand mit Zuschauern angefüllt. Vor dem Eingang, an dem die prominenten Trauergäste anfuhren, sammelte sich eine Menschentraube. Unter ihnen deutlich erkennbar auch viele Fans von Bono, dem Sänger der Popband U2, der mit Pavarotti in der Konzertreihe "Pavarotti and friends" auf der Bühne stand und mit ihm gemeinsam das Lied "Miss Sarajevo" veröffentlichte.

In der prallen Sonne haben sie lange ausgeharrt. Unzählige Helfer verteilen Halbliterflaschen Wasser. Jubel brandet unter den Wartenden auf, als die Sänger Zucchero und Jovanotti, Kulturminister Francesco Rutelli, Sting und schließlich Bono aus dunklen Limousinen steigen. In diesen Momenten könnte der Weg vor der Kathedrale auch der rote Teppich vor einem Filmfestival sein. Pietätlos wirkt das nicht, nur fröhlich. Und angeblich hat sich der Maestro genau das gewünscht: Keine traurige Feier, und nicht zu viel schwarz. Seine Witwe Nicoletta Mantovani erscheint in einem schimmernden Grün.

Applaus schließlich nach dem Auftritt des Tenors Andrea Bocelli mit der Sopranistin Raina Kaibavanska in der Kathedrale, Applaus nach der Rede Prodis, Applaus, als der Sarg für einen Moment auf der Piazza steht und sich schließlich der Trauerzug in Bewegung setzt Richtung Montale, vier Kilometer außerhalb Modenas. Applaus, als ein letztes Mal "Nessun dorma" über die Piazza schallt, und das Porträt Pavarottis auf dem Schirm erscheint, unter der Überschrift: Addio Maestro. Applaus für einen großen Menschen.

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