Trailer zu Kinofilmen:Endlose Vorfreude

Die Trailer für "50 Shades of Grey" und den nächsten Teil von "Der Hobbit" sind endlich da und brechen im Internet bereits Rekorde. Wer nun auf die dazugehörigen Bestseller-Verfilmungen scharf ist, muss Monate auf den Kinostart warten. Gutes Marketing? Nein, Wahnsinn.

Von Martin Wittmann

Diese Woche wurden die Trailer für drei Literaturverfilmungen veröffentlicht: für die Kinoversion des ersten Teils der Trilogie "50 Shades of Grey"; für den dritten und doch erst vorletzten Teil der "Tribute von Panem"-Trilogie; und für den auch schon dritten Teil des "Hobbit", der doch auf einer in jedem Sinne einfachen Lektüre basiert.

Erster Eindruck von "50 Shades of Grey", der bekannten Geschichte über das Suchen und Finden der Hiebe (und ja doch, auch der Liebe): mutig. Kritiker fürchteten ja, dass in der Kinoversion der Sadomaso zu schnullibulli behandelt werden könnte, dass also statt der spitzen die breite Masse angesprochen wird. Doch der jugendfreie Trailer mutet nun tatsächlich an wie eine Pornoproduktion, zumindest was die sexfreien Fähigkeiten der Schauspieler und die billige Optik anbelangt.

Wenigstens ist der Titel simpel, eine Ausnahme in dem Metier. Denn eigentlich sollte, wer sich die Mühe macht und an der Kinokasse so korrekt wie umständlich nach einer Karte für "Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1" fragt, ein Freibier kriegen. Egal, der dritte Teil der Hunger Games wird bestimmt wieder ordentlich sein, Jennifer Lawrence wurde zum Glück ja früh und günstig für die ganze Reihe verpflichtet ("twelve years of slavery" nannte einmal Regisseur David O.Russell ihren Vertrag).

Und noch der "Hobbit"-Trailer: fiese Monster, brachiale Schlachten und epische Landschaften. Da sagen die einen Zuschauer natürlich: wow, noch nie so was Spektakuläres und Innovatives im Kino gesehen, gleich verschluck ich mich an meiner Crystal Pepsi! Und die anderen sagen: Mich dünkt, der Feind obsieget diesmal, das wird ja noch spannender als die vorherigen fünf Tolkien-Filme! Den restlichen, schwertkampfmüden 98 Prozent rät die Stimme aus dem Trailer-Off ehrlich zum finalen Durchhalten: "Werdet ihr mir folgen, ein letztes Mal?" Klar, lautet die ebenso ehrliche Antwort - wieder nix gelernt aus den endlosen Stunden im Kinosessel, wieder in die Falle gegangen.

So ist die Vorfreude für drei mehr oder minder interessante Filme geschürt, und man denkt perspektivisch: Topp, am Wochenende soll's ja eh regnen.

Das ist natürlich dumm, weil unrealistisch. Weil die Filme nicht mehr, wie ganz früher, bald kommen ("Coming soon"); und sie sind auch nicht, wie noch vor ein paar Jahren, "demnächst in Ihrem Kino". Vielmehr starten die Hunger Games erst Ende November, "Der Hobbit 3: Die Schlacht der Fünf Heere" (Freibier!) erst Mitte Dezember und 50 Shades gar erst am kommenden Valentinstag. Also am 14. Februar 2015. In 195 Tagen. Anders gesagt: Wer jetzt Mais sät, kann pünktlich zum Filmstart sein eigenes Popcorn ins Kino mitnehmen.

Ganz klein oder ganz groß

Früh auf ein Ereignis vorbereitet zu werden hat sicher Vorteile. Etwa, wenn man ein Kind erwartet und sich auf Elternpflichten einzustellen hat; oder wenn ein Flug ins All ansteht, dafür aber noch ein wenig trainiert werden muss. Aber in Schnipseln einen Film angeboten zu bekommen, der erst in drei Jahreszeiten läuft, ist Folter.

Der ganze Trailer-Schmarrn gehört natürlich zur gegenwärtigen Blockbuster-Kultur. Hollywood ist da dem Rest der Welt wie immer einen Schritt voraus: Während die Bundesrepublik noch immer über die wegbrechende Mittelschicht diskutiert, haben die Studios bereits Fakten geschaffen: Es gibt nur noch ganz kleine und eben ganz große Filme. Damit die nicht zu Riesenflops werden, setzen die Studios vor allem auf Werbung. Und je früher so eine Kampagne startet, desto dürstender sind die Kinofans, so die Überlegung (der Trailer für "Einfach unverbesserlich 2" zum Beispiel wurde 16 Monate vor dessen Kinostart gezeigt). Wenn der Film endlich startet, stürmen die über Monate Angefixten die Kinos, noch bevor andere Kino-Junkies vor dem lahmen Dreistünder warnen können.

Von dem schmutzigen Geschäft mit dem Lockstoff nährt sich eine eigene Industrie, die nichts als Trailer produziert. Es gibt Trailer-Sprecher, die von ihren geraunten Zweizeilern leben. Bei zwei Preisverleihungen werden die besten Spots prämiert, und natürlich lebt das alles auch von den Irren, die nur wegen interessanter Trailer in fade Filme gehen. Neuester Trend: nahezu inhaltslose Teaser-Trailer, die auf die Ankunft eines Trailers vorbereiten: die Verarschung der Süchtigen.

Eine Studie belegt übrigens, dass fast die Hälfte der US-Kinobesucher finden, in den Trailern werde zu viel über den Film verraten. Natürlich kann man sich darüber ärgern: dass die besten Witze, die schönsten Landschaften, die besten Stunts schon in der Vorschau zu sehen sind.

Vielleicht sollte man es aber auch einfach sportlich nehmen und die Trailer als kurzes Best-of des Films sehen, den man sich auf diese Weise sparen kann. So oder so: Trailer sind ein Faszinosum, das diese Zeitung sicher noch ausführlicher und intensiver analysieren wird als hier. Demnächst in Ihrem Feuilleton.

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