Trailer-Premiere "Ich seh, ich seh":Finsternis der Kindheit

So archaisch wie der Klassiker "Herr der Fliegen": Weil die Söhne ihre Mutter nicht mehr erkennen, wird ihr Leben in dem Thriller "Ich seh, Ich seh" zum reinen Horror. Sehen Sie bei Süddeutsche.de die exklusive Trailerpremiere.

Von Fritz Göttler

Du bist nicht unsere Mutter (Susanne Wuest), sagen die beiden Buben, Lukas und Elias (Lukas und Elias Schwarz), Zwillinge, sie sagen es sanft, aber sehr bestimmt. Wir wollen unsere Mutter zurück. Die Frau, die da mit einbandagierten Gesicht aus dem Krankenhaus ins Haus zurückkam, werden sie nicht als ihre Mutter akzeptieren.

Das fröhliche Abenteuer der Sommerferien, im modernen Haus am Wald, mit Exkursionen zwischen Maisfeld und See, das Abenteuer Kindheit überhaupt ist plötzlich zum Schrecken geworden.

"Ich seh, Ich seh" ist der erste Spielfilm von Veronika Franz, der Lebensgefährtin von Ulrich Seidl - der zuletzt mit der "Paradies"-Trilogie und dem Hobby-Horror-Stück "Im Keller" in den Kinos war - und seit vielen Jahren seine engste Mitarbeiterin, "zu 150 Prozent", sagt sie. Sie hat "Ich seh Ich seh" zusammen mit dem jungen Severin Fiala gemacht, einem Neffen von Ulrich Seidl.

Eine Forschungsreise ins Herz der Finsternis der Kindheit, wie aus dem Umkreis von Seidl zu erwarten war, von stilistischer Klarheit und Kühle.

Du bist nicht unsere Mutter ... Der Kampf beginnt, erst schikanös, die Frau (Susanne Wuest) straft resolut, die Söhne (Elias und Lukas Schwarz) setzen ihre Insektensammlung ein. Dann aber wird es plötzlich wirklich brutal, so archaisch wie in dem Klassiker "Herr der Fliegen".

Ein Dreh zuviel

Aufs Ende zu gibt es dann leider doch einen Dreh der Schraube zuviel ... Es ist, sagt Veronika Franz, "eine fiktive Geschichte, die der Zuschauer aber glauben können muss. Es geht um existenzielle Dinge wie Urvertrauen, Muttersein und Identität. Kurz: Wir erzählen eine Horrorgeschichte, die einem alltäglichen Kontext entspringt."

Ein Zivilisations-Thriller. Am Ende ist Identität selbst zur absoluten Unsicherheit verkommen, zur Illusion. Die blonden, wohlerzogenen Zwillinge zeigen monströse Seiten. Die Kindheit, das Spiel der Kinder verliert seine Unschuld. Aber vielleicht, das wird uns unerbittlich vor Augen geführt, hat es eine solche Unschuld sowieso nie gegeben.

"Ich seh, Ich seh" kommt am 2. Juli 2015 in die Kinos.

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