Metallica zieht Tour wegen Euro-Krise vor:Hardrocker fürchten um ihre Marge

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Die Adepten der Apokalypse plagen weltliche Sorgen: Weil sie einen Zusammenbruch des Euro fürchten, wollen die Hardrocker der US-Band "Metallica" ihre für 2013 geplante Europa-Tournee auf kommenden Sommer vorziehen. Band-Manager Cliff Burnstein sagt: "Wir sind ein US-Export wie Coca-Cola und suchen uns die besten Märkte aus." Weitere Bands könnten folgen.

Thomas Fromm

Es gibt Tage im Leben von Rockfans, die alles verändern. Weil leider doch nichts so ist, wie es scheint. Der Tag, an dem Alice Cooper im Interview von seinen regelmäßigen Kirchenbesuchen beichtete, war so einer. Ausgerechnet der Blut- und Schock-Rocker, der seit Jahrzehnten mit Schlangen, Guillotine, Galgen und Giftspritzen auf der Bühne herumhantiert, ist eigentlich ein biederer Mann.

Für Metallica-Manager Cliff Burnstein geht es darum, die Konzerte so schnell wie möglich hinter sich zu bringen - und zwar bevor Europa samt Euro zusammenbricht. (Foto: dpa)

Seit mehr als 30 Jahren mit der gleichen Frau verheiratet, drei Kinder. Hobby-Golfer. Viele Fans, die sich mehr für Coopers große Albino-Python interessieren, wollten das gar nicht so genau wissen. Manchmal ist die Realität gruseliger als die Bühnenshow.

Auch Ozzy Osbourne ist so einer. Früher spielte er in einer Band, die hieß Black Sabbath. Der Name war Programm. Wenn Ozzy, der in seinen besten Jahren angeblich Fledermäuse verspeiste und auch sonst allerhand in sich hineinstopfte, auf der Bühne stand, dann sahen viele da schon den Leibhaftigen vor sich. Später, inzwischen altersmilde, machte er aus seinem Familienleben eine MTV-Soap. Mit pickeligen, renitenten Kindern, einem Hund, der aufs neue Sofa pinkelte und den üblichen Frotzeleien von Gatte und Gattin. Ein Albtraum.

Auch die US-Hardrock-Band Metallica hatte man bislang im Lager der Apokalyptiker verortet. The Four Horsemen (eine Anspielung auf die vier Reiter der Apokalypse) und Enter Sandman sind solche Songs, die eher Lust auf Untergang machen. Wer auf solche Ideen kommt, so glaubten viele Fans, dem muss es um andere Dinge gehen als Geld. Von wegen. Ausgerechnet die harten Jungs, bei deren Band-Gründung vor 30 Jahren auch Namen wie Thunderfuck oder Helldriver zur Auswahl gestanden haben sollen, haben nun Angst vor Europa.

Wegen der Euro-Krise sollen für 2013 geplante Konzerte nun auf den nächsten Sommer vorgezogen werden. Wenn Metallica nun Anfang Juni 2012 bei den Open-Airs "Rock am Ring" am Nürburgring und "Rock im Park" in Nürnberg spielen, soll es weniger um die vier Reiter der Apokalypse gehen. Die Band treibe eine ganz andere Apokalypse um - die des Euro, heißt es. Metallica macht den Anfang, andere wie die Red Hot Chili Peppers könnten nach US-Berichten folgen.

Derivatgeschäfte als Tour-Vorbereitung

Für Metallica-Manager Cliff Burnstein geht es darum, die Konzerte so schnell wie möglich hinter sich zu bringen - und zwar bevor Europa samt Euro zusammenbricht. "Ich bin kein Ökonom, aber ich habe einen akademischen Abschluss", sagte er dem Wall Street Journal. "Das hilft." Man müsse sich stets fragen, was die beste Zeit sei, um etwas zu tun. Und vor allem: wo man dies tue.

"Wir sind ein US-Export wie Coca-Cola und suchen uns die besten Märkte aus", sagte Burnstein. In den kommenden Jahren werde der Dollar stärker, der Euro schwächer sein. "Und wenn das der Fall ist, will ich jetzt noch davon profitieren und Konzerte in Europa machen", sagt Burnstein. Konzerte in Ländern mit starker Währung sind profitabel. In Ländern mit schwacher, also Europa, könnten sie zu einem Minusgeschäft werden. Auch deshalb werden Wechselkurs-Risiken abgesichert, Kurse also über Derivatgeschäfte im Vorfeld gehedged. Schon Monate vor einem Konzert muss entschieden werden, ob man sich in Dollar, Euro oder beidem bezahlen lässt.

Eine Heavy-Metal-Band, die mit Auftritten nicht nur Millionen verdient, sondern ihre Konzerte auch noch nach dem Wechselkurs von Dollar und Euro kalkuliert und Angst davor hat, überhaupt noch bezahlt zu werden - so sieht sie wohl aus, die banale Wahrheit hinter der martialischen Show der Rockbands. Für Fans, die mit weltweiten Finanzgeschäften wenig zu tun haben, ist dies wohl die eigentliche Apokalypse. Ein Sprecher des Musikverlages Warner Music, der die Band in Europa vertritt, bezeichnete den Zusammenhang von Euro-Krise und Konzertterminen übrigens als "Nonsens".

© SZ vom 08.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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