Tippi Hedren über Hitchcock und Gefahr:"Ich hatte keine Angst"

Dass sie beim Thriller-Dreh mit hunderten Vögeln beworfen wurde, "war nun mal der Job": Die Schauspielerin Tippi Hedren spricht über Raubtiere, Sean Connery und Alfred Hitchcocks Blondinen-Obsession.

Harald Hordych

50 Meilen nordwestlich von Los Angeles flirrt die Luft in der Mittagshitze. Die Straße durch den Cañon führt an kahlen Bergrücken vorbei. An einer Zufahrt warnt ein Schild, näherzutreten. Hier beginnt "Shambala", ein Gehege für 70 Löwen, Tiger und Geparden. Die Gründerin des Reservats hat blondes Haar, ist schlank, sportlich und begrüßt einen sehr, sehr freundlich. Tippi Hedren, 77, hat vor vielen Jahren eine neue Lebensaufgabe gefunden, aber im Shop liegen neben Shambala-Videos vor allem ihre wichtigsten Filme: "Die Vögel" und "Marnie". "Na, dann lassen Sie uns mal zu den Tieren gehen", sagt sie.

Tippi Hedren über Hitchcock und Gefahr: Hitchcock wollte ihre Karriere ruinieren - und tat es, sagt Tippi Hedren.

Hitchcock wollte ihre Karriere ruinieren - und tat es, sagt Tippi Hedren.

(Foto: Foto: AP)

SZ: Mrs. Hedren, waren Sie heute schon bei den Tigern im Käfig?

Tippi Hedren: Nein. Das habe ich früher gemacht. Aber heute tue ich das nicht mehr.

SZ: Warum nicht?

Tippi Hedren: Weil ich sie nicht mehr gut genug kenne. Sie müssen mit den Tieren die ganze Zeit zusammenleben, sonst geht das nicht. Das sind Raubtiere, und diesen Instinkt kann man ihnen niemals nehmen.

SZ: Trotzdem mögen Sie die Tiere sehr, oder?

Tippi Hedren: Ich liebe sie! Diese Katzen üben auf jeden Menschen eine Faszination aus. Für die einen sind sie wunderschön, die anderen fürchten sich vor ihnen zu Tode, und finden sie gerade deshalb sehr smart.

SZ: Und diese Gefahr fasziniert Sie?

Tippi Hedren: Ich will diese Tiere beschützen, draußen in der Wildnis. Dort wo sie sein sollten, aber wo sie nicht sein können, weil sie in den Vereinigten Staaten geboren und hier verkauft wurden.

SZ: Sie sagen, die Leute mögen es, in Angst versetzt werden.

Tippi Hedren: Ja, die Leute lieben es, Angst zu verspüren. Das war auch der Grund für den Erfolg von Hitchcock, verstehen Sie? Er hat sein Leben damit verbracht, Geschichten zu erzählen, die Angst machen.

SZ: Schätzen Sie dieses Gefühl?

Tippi Hedren: Jeder mag es, in Angst versetzt zu werden. Ich mag es, mit einer großen Katze zusammen zu sein. Es ist, als ob Sie eine geladene Pistole auf den Coffeetable legen. Vielleicht wird sie niemand in die Hand nehmen. Aber sicher können Sie nicht sein.

SZ: In den "Vögeln" waren Sie allein mit zig Möwen und Krähen in einem Raum, die Sie attackierten. Hatten Sie Angst?

Tippi Hedren: Ich hatte keine Angst. Es war aufregend.

SZ: Aber es waren echte Vögel, und sehr viele, die Sie wirklich attackiert haben.

Tippi Hedren: Oh, ja, das taten sie. Die Assistenten warfen die Vögel auf mich! Eine Woche lang! Aber das war nun mal der Job.

SZ: In "Marnie"spielen Sie in gewisser Weise selbst die Rolle eines wilden Tieres...

Tippi Hedren: Absolut. Und Mark Rutland ist ein Jäger! Marnie ist eine Kleptomanin, die die Tresore ihrer Arbeitgeber plündert. Sie beraubt auch Rutland, der sie auf frischer Tat ertappt und die frigide Marnie zwingt, ihn zu heiraten. Er hat eine große Leidenschaft für Raubtiere. Es gefällt Rutland, den Instinkt dieser Tiere zu verstehen. Und sie vertrauen ihm.

SZ: Es war, als hätten Connery und Sie in "Marnie" die Rollen getauscht: Connery ist ein Schauspieler mit fast animalischer Ausstrahlung. Und diesmal sind Sie...

Tippi Hedren: Das ist wahr! Marnie empfand nicht den geringsten Respekt gegenüber Männern, sie wollte nichts mit ihnen zu tun haben. Gar nichts. Eine einzigartige Persönlichkeit. Sie tat alles, um nicht gut auszusehen, sie kleidete sich sehr düster.

SZ: Sie haben gesagt, dass Sie es gemocht haben, eine frigide Frau zu spielen. Warum?

Tippi Hedren: Sie ist eine sehr vielschichtige Frau, die in ihrer Kindheit ein schreckliches Erlebnis hatte. Sie kann sich daran nicht mehr bewusst erinnern, aber dieses Erlebnis bestimmt ihre komplizierte Persönlichkeit. Sie weiß nicht, warum sie tut, was sie tut. Eine brillante Rolle.

SZ: Es war Ihr zweiter Film, Ihr erster war "Die Vögel". Hatten Sie bis dahin daran gedacht, Schauspielerin zu werden?

Tippi Hedren: Definitiv nie! Ich arbeitete damals in New York als Fashionmodel, und zwar sehr erfolgreich. Das Fernsehen hatte seinen Siegeszug begonnen, und ich durfte eine ganze Reihe von Werbespots machen. In einem dieser Spots sah mich Hitchcock.

SZ: Und dann?

Tippi Hedren: Er rief an. Ich wollte herausfinden, wer ich bin. Also ging ich nach Los Angeles.

SZ: Sie galten als die nächste kühle Blondine Hitchcocks. Sie wurden oft mit Grace Kelly verglichen. Hat Sie das beunruhigt?

Tippi Hedren: Als ich mein Titelbild in Look hatte, stand da irgendwas von der neuen Grace Kelly. Aber das hat mich nie gestört. Ich wusste, dass ich mit niemandem zu vergleichen bin. Die Presse hat das getan.

SZ: Hatten Sie keine Angst, die hohen Erwartungen nicht zu erfüllen?

Tippi Hedren: Wissen Sie, ich war damit beschäftigt, meine Arbeit zu machen. Ich befolgte Hitchcocks Anweisungen, ich nahm alles auf, was er sagte über den Charakter, den ich spielte, über den Film, den wir machten. Ich wollte diesen Film gut machen, unbedingt. Es gab nichts anderes. Wow, es war aufregend, the absolute thrill! Hitchcock war zu dieser Zeit sicherlich der berühmteste Regisseur der Welt, er und Charlie Chaplin. Ich meine, es gab viele, viele berühmte Regisseure - aber Hitchcocks Ruf war unerreicht!

SZ: Warum hat er Ihren Namen Tippi in Anführungszeichen gesetzt?

Tippi Hedren: Ich weiß es nicht. Er hatte die Kontrolle über alles. Er war ein Kontrollfreak.

SZ: War das der Grund, warum Sie überraschend nach zwei Filmen die Arbeit mit Hitchcock beendeten?

Tippi Hedren: Ja. Er kontrollierte alles, was ich tat. Ich war eine erwachsene Frau, ich hatte ein Kind, ich war unabhängig. Und er meinte, mir sagen zu können, wohin ich gehen durfte, wen ich treffen durfte, was ich essen sollte. Er überwachte mich.

SZ: Haben Sie nicht gesagt: Hör' auf damit!

Tippi Hedren: Ich versuchte es. Wirklich!

SZ: Wie reagierte Hitchcock darauf?

Tippi Hedren: Er machte weiter. Und am Ende sagte ich: Ich kann nicht. Ich will das nicht mehr.

SZ: Was sagte er?

Tippi Hedren: Er sagte: "Dann werde ich deine Karriere ruinieren."

SZ: Das konnte er doch nicht ernst meinen?

Tippi Hedren: Das konnte er. Und er tat es ja auch. Er hatte mit mir einen Vertrag über sieben Jahre abgeschlossen. Immer wenn ein Regisseur anrief und mir eine Rolle anbot, sagte er: "Tippi ist nicht verfügbar."

SZ: Sie kamen nicht raus aus dem Vertrag?

Tippi Hedren: Doch - aber erst einige Jahre später. Da übergab er meinen Vertrag an die Universal-Studios, und sie verlangten von mir, eine lächerliche Rolle in einem Fernsehfilm zu spielen. Als ich mich weigerte, sagten sie: "Gut, wenn Sie diese Sache nicht machen, dann lösen wir den Vertrag auf." Und ich sagte: "Deal!" Da war es vorbei. Ein paar Wochen später fragte mich Chaplin, ob ich in "Die Gräfin von Hongkong" mitspielen wolle.

SZ: Erinnern Sie sich noch, welche Regisseure damals mit Ihnen arbeiten wollten?

Tippi Hedren: Viele. Auch Truffaut wollte mich. Ich weiß nicht mehr für welchen Film, aber es war sehr schmerzhaft.

Hier geht es weiter: Hedren spricht über Liebe und Obsessionen.

"Ich hatte keine Angst"

SZ: Glauben Sie, dass Alfred Hitchcock in Sie verliebt war?

Tippi Hedren über Hitchcock und Gefahr: Tippi Hedren mit der Replika ihres Sterns am "Hollywood Walk of Fame".

Tippi Hedren mit der Replika ihres Sterns am "Hollywood Walk of Fame".

(Foto: Foto: AP)

Tippi Hedren: Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht, dass das Liebe war. Wenn Sie jemanden lieben, dann wollen Sie, dass er sich gut fühlt. Nein, das war keine Liebe.

SZ: Was war es dann?

Tippi Hedren: Obsession. Und das ist keine Liebe.

SZ: Eine Obsession für kühle Blondinen?

Tippi Hedren: Er mochte Blondinen. Aber viele Männer tun das. Das ist nichts Besonderes

SZ: Rutland hat eine Obsession für eine frigide Frau, die nichts von ihm wissen will.

Tippi Hedren: Alles, was Marnie tut, ist ein Schrei nach Hilfe.

SZ: Ein Kritiker schrieb, dass "Marnie" wie ein Schrei Hitchcocks nach Liebe ist.

Tippi Hedren: Das kann sein. Sicher. Es steckt immer viel von Hitchcock in all diesen Filmen, ein gewaltiger Anteil.

SZ: Warum versetzte Hitchcock besonders blonde Frauen so gerne in Angst?

Tippi Hedren: Was er wollte, war, eine selbstsichere Frau in eine Situation zu bringen, in der sich alles von unten nach oben kehrt. Er wollte ihr Leben beherrschen - und dann sehen, wie sie damit klarkommt.

SZ: Wollte er sehen, wie sie aus der Rolle fällt?

Tippi Hedren: Vielleicht. Aber es ist unmöglich, in den Kopf von jemanden zu sehen. Jedenfalls sorgte er dafür, dass mein Leben sehr schwer wurde. Ich war unglücklich. Also: Wofür tue ich das alles hier, das mit den Katzen, was meinen Sie?

SZ: Das frage ich Sie.

Tippi Hedren: Na, um alles hinter mir zu lassen.

SZ: Wir sitzen hier wegen Hitchcock?

Tippi Hedren: Ja. Ich mache das alles wegen Hitchcock.

Lesen Sie weiter: von Tunnels zwischen Wohnwagen und Ehen in Hollywood.

"Ich hatte keine Angst"

SZ: Ist es wahr, dass er am Set von "Marnie" einen Tunnel von seinem Wohnwagen zu Ihrem Wohnwagen graben ließ?

Tippi Hedren: Nein. Nein! Das ist ja lachhaft!

SZ: Ich vermute, die Dinge wurden nicht einfacher dadurch, dass er nicht nur Ihr Regisseur, sondern auch Ihr Lehrer war?

Tippi Hedren: Er war ein wunderbarer Drama-Coach, ich konnte mich glücklich schätzen. Wissen Sie, wenn Sie Werbespots machen, bekommen Sie eine Vorstellung, wie es beim Film und auf einem Dreh zugeht. Aber einen anderen Charakter darzustellen, das ist etwas völlig anderes.

SZ: Heutzutage werden sehr viele Models...

Tippi Hedren: ...Schauspielerinnen.

SZ: Wie finden Sie das?

Tippi Hedren: Wunderbar.

SZ: Auch wenn diese Models keine Schauspiel-Erfahrungen haben?

Tippi Hedren: Es ist eher ein Problem, dass es das Studiosystem nicht mehr gibt. Die Studios nahmen jemanden langfristig unter Vertrag. Dann sorgten sie für Schauspielunterricht und gaben den Schauspielern Tanz- und Gesangsstunden und so weiter. Aber das gibt es nicht mehr. Jetzt macht ein Schauspieler einen Film und Schluss.

SZ: Mrs. Hedren: Sie verteidigen das System, dessen Opfer Sie sind?

Tippi Hedren: Ja, das bin ich. Aber als ich in das Studiosystem reinkam, setzten dich die Studios noch in einem Film nach dem anderen ein. Genau das, was Hitch mit mir vorhatte.

SZ: Was wäre Ihr nächster gemeinsamer Film gewesen?

Tippi Hedren: Eine Verfilmung des Bühnenstücks "Mary Rose" von James Matthew Barrie, ein sehr interessantes, sehr düsteres Stück. Mary Rose ist ein Geist. Sie kommt 25 Jahre nach ihrem Tod zu ihrer Familie zurück. Und sie ist in dem Alter, in dem sie gestorben ist. Sie ist jung und schön - und alle anderen sind 25 Jahre älter.

SZ: Wie schade, dass wir Sie nie in diesem Film sehen konnten. Denken Sie an diese Zeit mit Verbitterung zurück?

Tippi Hedren: Ja. Das tue ich. Und das tue ich auch nicht. Wissen Sie, ich musste das damals einfach tun, um zu überleben. Es konnte ja nicht sein, dass ich von einem anderen Menschen beherrscht wurde.

SZ: War es die richtige Entscheidung, die Filme mit Hitchcock gemacht zu haben?

Tippi Hedren: Es war wunderbar. Es war eine großartige Gelegenheit für mich.

SZ: Und dann kam "Die Gräfin von Hongkong". Hat Charlie Chaplin Sie wirklich ausgetrickst, wie erzählt wird?

Tippi Hedren: Als der Produzent aus London anrief und mich fragte, ob ich bei der "Gräfin von Hongkong" mitspielen würde, fragte ich nach dem Drehbuch. Er sagte, sie würden das Drehbuch noch nicht 'rausgeben. Mir wurde gesagt, ich würde Marlon Brandos Ehefrau spielen, die Frau eines Botschafters, und sie sagten mir, du wirst etwa nach der Hälfte auftreten und dann für den Rest des Films immer da sein. Also sagte ich "In Ordnung" und unterschrieb. Dann fuhr ich nach London. Sie gaben mir das Drehbuch, und ich suchte sofort nach Martha, der Diplomatengattin. Ich suchte und suchte. Ich fand sie zuerst gar nicht. Sie hatte nur vier Szenen.

SZ: Nicht gerade eine große Rolle.

Tippi Hedren: Allerdings. Seien wir ehrlich, es war ein Nichts von einem Auftritt!

SZ: Was sagten Sie zu Chaplin?

Tippi Hedren: Ich sagte ihm: "Charlie, warum hast du mir nicht gesagt, dass es nur ein Kurzauftritt ist? Jeder Schauspieler auf der Welt hätte in deinem Film mitgespielt. Sie würden sogar mitspielen, ohne eine Gage zu verlangen, nur um dabei zu sein!" Einfach weil sie wussten, dass es Charlies letzter Film sein würde. Ich fragte ihn also: "Warum hast du mir nichts gesagt?" Und er sagte: "Weil ich Angst hatte, dass du nein sagst." Ich habe ihm sofort verziehen.

SZ: Sie haben einmal gesagt, Sie seien froh, den falschen Schlangen von Hollywood den Rücken gekehrt zu haben . . .

Tippi Hedren: . . . das habe ich nie gesagt! Außerdem habe ich Hollywood nicht den Rücken gekehrt. Ich habe immer Filme gemacht, bis heute über fünfzig.

SZ: Darunter viele Horrorfilme. Angst spielt in Ihrer Karriere eine große Rolle.

Tippi Hedren: Dabei liebe ich es, in Komödien mitzuspielen! Ich sehe nur nicht wie diese Art Schauspieler aus. Ich sehe wie eine ernsthafte Schauspielerin aus.

Manchmal scheint Hollywood unendlich weit weg: Lesen Sie hier weiter.

"Ich hatte keine Angst"

SZ: Und Hollywood ist nicht weit weg. Sie sind in weniger als einer Stunde dort.

Tippi Hedren: Manchmal ist es so weit weg, als wäre ich 25000 Meilen entfernt.

SZ: Dabei ist auch Ihre Tochter Melanie (Griffith, die Red.) Schauspielerin geworden.

Tippi Hedren: Eine sehr große sogar.

SZ: Sie hat nur Hollywoodschauspieler geheiratet. Don Johnson sogar gleich zweimal. Sie haben mal darüber geklagt, dass sie so zügellos ist. War deshalb Ihr Verhältnis eine Zeitlang nicht gut?

Tippi Hedren: Unser Verhältnis war immer gut. Alle Mütter und Töchter machen schwierige Zeiten durch. Wir sind da nichts Besonderes. Den meisten Eltern rücken dann aber keine Zeitungen und Magazine auf den Pelz. Und diese Eltern müssen die Presse nicht abwehren und sagen: Lasst uns allein!

SZ: Und Melanies Drogenprobleme? War es zu früh zu viel Hollywood für die Tochter?

Tippi Hedren: Sie hatte Probleme, das ist richtig. Aber das gibt es überall in Amerika und überall in der Welt. Da ist Hollywood nichts Besonderes. Hollywood ist nur etwas Besonderes, weil hier alle Zeitungen sind, und alles, was passiert, wird aufgeblasen. Das ist ein Problem.

SZ: Wenn Sie zurückblicken: Was würden Sie heute anders machen?

Tippi Hedren: Ich würde Melanie strenger erziehen.

SZ: Melanie spielte, wie Sie, auch in "Roar" mit. Hat mit diesem Film Ihr Leben hier in "Shambala" begonnen?

Tippi Hedren: The Roar Foundation und Shambala begannen nach Ende der Dreharbeiten von "Roar", der auf diesem Gelände gedreht wurde. Weil in diesem Film die verschiedensten Wildkatzen in einem Haus friedlich zusammenleben sollten, mussten wir erst Löwen und Tiger und Pumas zusammen aufwachsen lassen.

SZ: Es gibt Fotos, die zeigen, wie ausgewachsene Löwen auf Ihrem Wohnzimmertisch liegen. Wie viele Jahre hat all das gedauert?

Tippi Hedren: Wir begannen 1971 mit sieben kleinen Löwen. Es war eine Zeit voller Spaß.

SZ: Der Film kam 1981 heraus. Das bedeutet, Sie haben zehn Jahre daran gearbeitet?

Tippi Hedren: Nun, das Grundstück hier kauften wir 1972, im selben Jahr kam der Elefantenbulle. Ein Jahr später bauten wir das afrikanische Haus, pflanzten Hunderte Bäume. Es war wunderschön. Und in dieser Zeit wuchsen hier viele große Katzen auf, weil uns einige Bundesstaaten und das Landwirtschaftsministerium baten, große Katzen aufzunehmen.

SZ: Was war mit den Tieren los?

Tippi Hedren: Die einen hatten jemanden verletzt, die anderen lebten unter beklagenswerten Umständen. Oft hatten sich die Leute einen kleinen Löwen oder kleinen Tiger gekauft, und dann merkten sie, dass sie sich nicht um sie kümmern konnten. Einige ließen ihnen die Krallen ziehen, als sie sahen, dass sie das Sofa zerkratzten.

SZ: Und als der Film abgedreht war, wollten Sie die Tiere nicht mehr fortgeben?

Tippi Hedren: Das war ihr Zuhause! Wir hatten ein Heim für sie gebaut.

SZ: Seit vielen Jahren arbeiten Sie hier mit Chris Gallucci, einem Harley-Rocker, der 30 Jahre auf Shambala mit einem Elefanten zusammenlebte, im Gefängnis gesessen hat und in Schlägereien verwickelt war. Hatten Sie nie ein mulmiges Gefühl?

Tippi Hedren: Oh, es gab ein paar Mal richtig Ärger, das stimmt. Aber er war immer zur Stelle, wenn er gebraucht wurde, und er ist kreativ. Er hat gezeigt, dass er ein viel größeres Potential hat, als es seine Vergangenheit vermuten lässt.

SZ: Glauben Sie, dass er sich in gewisser Weise mit dem Elefanten identifizierte, weil der, wie er selbst, ein Einzelgänger war?

Tippi Hedren: In dem Moment, in dem er Timbo getroffen hat, einen Elefantenbullen, das größte auf dem Land lebende Wesen, wollte er nur noch mit Timbo zusammen sein.

SZ: Als Gallucci einmal in einem Supermarkt war, und alle Leute ihn anstarrten, fragte er: "Warum guckt ihr so?" Und die Leute sagten: "Wenn du nicht in Shambala bist...

Tippi Hedren: ...solltest du gut auf dich aufpassen...

SZ: ...wenn du nicht in Shambala bist, siehst du aus wie nicht von dieser Welt!" Fühlen Sie sich als Hollywood-Diva auch so unter normalen Menschen, wenn Sie nicht in Shambala sind?

Tippi Hedren: Ja. Ich glaube, man muss einen solchen Ort haben. Sonst wird man verrückt.

SZ: Trägt nicht einer Ihrer Tiger den Namen Marlon Brando?

Tippi Hedren: Ich habe Marlon Brando. Und Antonio Banderas, Rod Taylor, John Saxon, Melanie Griffith, und wen ich auch hatte, war: Sean Connery.

SZ: Ein Ausdruck von Dankbarkeit, wenn Sie eine Ihrer Katzen nach einem Hollywood-Star benennen, nehme ich an . . .

Tippi Hedren: . . . ja, das ist es.

SZ: Haben Sie einen Hitchcock hier?

Tippi Hedren: Nein.

Tippi Hedren, 1930 in Minnesota geboren, wurde durch ihre Hauptrollen in Alfred Hitchcocks Filmen "Die Vögel" und "Marnie" berühmt. Sie war viermal verheiratet; aus der erstenEhe mit Peter Griffith stammt die Schauspielerin Melanie Griffith. Hedren lebt seit 1972 nahe Los Angeles auf der "Shambala Preserve". Sie leitet die "Roar Foundation", die sich für den Schutz von Raubtieren in den USA starkmacht und in "Shambala" 70 obdachlose oder verwahrloste Raubkatzen aufgenommen hat. Dort lebte der Vizepräsident der "Roar Foundation", Chris Gallucci, 30 Jahre mit einem Elefantenbullen zusammen. Über Shambala und Tippi Hedren äußert sich Gallucci in dem Fotoband "Der Elefantenmann", der bei Frederking und Thaler erschienen ist.

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