Themenkonzerte:Expedition ins musikalisch Unbekannte

Miroslav Srnka

Miroslav Srnka wurde 1975 in Prag geboren. Ende Januar wird seine Oper "South Pole" an der Staatsoper uraufgeführt.

(Foto: Havlík Vojtìch)

Zur Premiere von Miroslavs Snrkas "South Pole" an der Bayerischen Staatsoper wird erst die Verbindung von Naturwissenschaft und Kunst ausgelotet

Von Rita Argauer

Warum man unbedingt an diesen abgeschlagenen Ort der Erde will, die Frage darf man angesichts der Südpol-Expeditionen von 1911 schon stellen. Ein unwegsames Land, bedeckt von einem bis zu 4500 Meter hohen Eisschild, unfassbare Kälte, entweder andauernde Dunkelheit im antarktischen Winter oder überhaupt keine Dunkelheit im Sommer. Dass den unbedingten Willen zur Unwegsamkeit aber auch die Kunst kennt, ist indes hinlänglich bekannt. Nur werden da die Radikalität und das Extreme eben nicht tatsächlich, sondern künstlich exerziert.

Diese Radikalität im Künstlichen schließt die Bayerische Staatsoper in der laufenden Spielzeit immer wieder mit den Naturwissenschaften kurz. Unter dem Saison-Motto "Vermessen" erlangt dies am 31. Januar nun in der Uraufführung von Miroslavs Snrkas Oper "South Pole" einen Höhepunkt. In der Auftragskomposition behandelt der tschechische Komponist eben genau jene bis zum Tod wetteifernde Forscherleidenschaft von Roald Amundsen und Robert Falcon Scott, den Südpol jeweils als Erster zu erreichen. Als Einführung zur Oper veranstaltet das Theater nun im Vorfeld eine Reihe von Themenkonzerten, die die Musik nicht nur mit der Historie der naturwissenschaftlichen Forschung und vergangenen Weltvermessungsversuchen in Verbindung bringen, sondern auch ganz gegenwärtige naturwissenschaftliche Fragestellungen aufwerfen.

Das musikalische Werk Snrkas wird dabei in Bezug zu älteren Komponisten, besonderen Orten und zu aktuellen Forschungen gesetzt. Ganz nah an der künstlerischen Opernvorgabe bleibt dabei das erste dieser fünf Themenkonzerte. Am Donnerstag, 14. Januar, hält der Meteorologe Dirk Notz einen Vortrag zum Klimawandel in den Polarregionen. Im Anschluss daran spielen Ginshi Saito (Cello), Jakob Spahn (Klavier) und Jonathan Aner (Geige) im Max-Planck-Institut am Hofgarten Werke tschechischer Komponisten von Dvořák bis eben Snrka.

Etwas transzendenter wird es beim zweiten Konzert am Samstag, 16. Januar: Da stehen nämlich die psychischen Folgen des radikalen Vermessungswillens im Fokus. Dass der Vortrag von Ulrike Schmidt vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München über die Traumafolgen der ersten Südpolexpedition an Bachs "Musikalisches Opfer" geknüpft wird und in der Karmelitenkirche stattfindet, setzt durch den sakralen Raum noch einmal ganz andere Bezüge: Was kann menschliches Denken und Fühlen an künstlicher wie tatsächlicher Radikalität so aushalten? Die Konzerte dienen aber nicht nur dazu, kulturgeschichtliche Bezüge zwischen Kunst, Glauben, Naturwissenschaft und Forschung auszumachen. In den diesjährigen Themenkonzerten solle dem Münchner Publikum auch einfach die Musik Snrkas vorgestellt werden, sagt der Dramaturg Malte Krasting, der für die Konzeption der Reihe mitverantwortlich ist: "Trotzdem ist das aber keine musikalische Vorstufe zu South Pole", sagt er, die Programmzusammenstellung ist mehr retrospektiv.

Etwas indirekter und dennoch auf konkrete Weise erfahrbar wird der Bezug zur Opernpremiere in den letzten drei der insgesamt fünf Konzert- und Vortragsabende. Während im Alpinen Museum auf der Praterinsel Snrkas "Simple Space" im Anschluss an einen Vortrag über die Vermessung von Treibhausgasen in der Atmosphäre inmitten der dortigen Ausstellung über die Himalaja-Expedition der Brüder Schlagintweit gespielt wird (Mittwoch, 20. Januar), widmet man sich im Deutschen Museum am Freitag, 22. Januar, der gefühligen Seite der Vermessenheit. Griegs "Zwei Lieder der Solveig" aus "Peer Gynt" sollen bereits auf Schellack-Platten auf den Schiffen der beiden Südpol-Expeditionen gehört worden sein; nun erklingen sie, gesungen von der Sopranistin Anna Rajah, im Ehrensaal des Museums, bevor es nach der nostalgischen Vermessung mit einem Konzert im BMW-Aerodynamik-Windkanal in die Gegenwart geht. In diesem letzten Konzert am Samstag, 23. Januar, wird über Materialforschung referiert, bevor mit Kammermusik des 20. und 21. Jahrhunderts (unter anderem Bohuslav Martinů) die Lehrer und Einflüsse Snrkas abgesteckt werden.

Themenkonzerte zur Oper "South Pole", Beginn: Donnerstag, 14. Januar, 19 Uhr, Max-Planck-Haus, Hofgartenstraße 8, weitere Termine unter www.staatsoper.de.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: