Theater-Symposion:Streber unter sich

Hat das Theater einen Auftrag? Solche Fragen stellte ein Diskussion an der Akademie der Künste Berlin.

Von Mounia Meiborg

Claus Peymann war nicht eingeladen. Aber er wurde oft zitiert. Kürzlich hat der Intendant des Berliner Ensembles in der Zeit gesagt, die Arbeit mit Flüchtlingen diene Theatern nur dazu, die eigene Ratlosigkeit zu verhüllen. Peymann ist der ferne Gegenpol in einer Diskussion, in der sich viele einig, vielleicht manchmal allzu einig sind.

"Was soll das Theater?" hatte die Berliner Akademie der Künste gefragt und damit die allgegenwärtige Frage "Wie politisch soll das Theater sein?" ins Grundsätzliche vergrößert. In einem Symposium suchten Schauspieler, Intendanten und ein Oberbürgermeister nach Antworten. Aber in fünf Stunden und auf diversen Podien gab es nicht allzu viele neue Erkenntnisse. Dazu waren sich die Positionen zu ähnlich, die Statements zu allgemein.

"Theater muss manchmal auch Selbstverständliches aussprechen und Mut machen."

So diskutierten Wilfried Schulz, Intendant des Dresdner Staatsschauspiels, und Burkhard C. Kosminski, Intendant des Mannheimer Nationaltheaters, die Frage, ob Theater einen Auftrag hat. Ja, fanden beide. Theater habe als "einzige soziale Kunst" eine Verantwortung, so Kosminski. Und Schulz - dessen Haus sich stark gegen Pegida positioniert - ergänzte, Theater müsse manchmal auch Selbstverständliches aussprechen und Mut machen. Beide Häuser greifen konsequent Themen ihrer Stadt auf und wurden bei diesen Projekten mehrfach von der Kulturstiftung des Bundes unterstützt. Deren Direktorin Hortensia Völckers saß ebenfalls auf dem Podium. Man hätte gern von ihr gewusst, ob es nicht auch Probleme birgt, wenn eine quasi-staatliche Einrichtung bestimmte Themen und Ästhetiken promotet.

Viele Theater wollen sich dauerhaft für Flüchtlinge engagieren. Schulz verhandelt derzeit mit der Stadt Dresden darüber, das wöchentlich im Theater stattfindende Flüchtlingscafé in ein interkulturelles Zentrum zu verwandeln. Und Kosminski bietet den Flüchtlingen, die bei ihm auf der Bühne stehen, Berufsberatung und Ausbildungsfinanzierung. Das klingt gut. Schulz und Kosminski sind allerdings auch Vorzeige-Intendanten. Ob an allen Theatern so umsichtig und langfristig gedacht wird, wäre zu überprüfen.

Ästhetische Fragen kamen in der Debatte etwas kurz. Der Schauspieler Ulrich Matthes und die Performerin Johanna Freiburg diskutierten unterhaltsam über "Authentizität versus Schauspielkunst". Kategorien, die sich zunehmend auflösen - etwa in Arbeiten von Yael Ronen, in denen die Darsteller gleichzeitig schauspielerisches Handwerk und die eigene Biografie auf die Bühne bringen. Matthes beklagte die Ironie, die im Theater überhand genommen habe. Das ist sicher ein richtiger Befund. Aber die Anfänge einer Gegenreaktion sind längst sichtbar. Jungen Theaterautoren wie Wolfram Höll und Wolfram Lotz wird eine "ernste Ironie" attestiert. Und der Festivalmacher Florian Malzacher fordert in seinem Buch "Not just a mirror - looking for the political theatre of today" ein Theater, "das die Notwendigkeit der Selbstreflexion der letzten Jahrzehnte beibehält, aber die Falle der puren Selbstreferenzialität vermeidet". Auch darüber hätte man reden können.

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